Abschlußbericht veröffentlicht

Die BVV hatte am 22.05.2014 beschlossen, einen Nichtständigen Ausschuß „Kolonie Oeynhausen“ einzurichten. Hintergrund war, daß im Zusammenhang mit der Klage des Kleingärtnerverbandes Wilmersdorf gegen das Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf gegen die Nennung der Summe von 25 Millionen € als mögliche Kosten bei Durchsetzung des Bürgerentscheids festgestellt wurde, daß das BA einige Unterlagen wohl nicht an das Verwaltungsgericht übergeben hatte. Dieser „Untersuchungs-Ausschuß“ sollte klären, ob das stimmt und ggfl., wer die Verantwortung trägt.

Heute wird der Abschlußbericht der BVV vorgelegt. Nach langem Kampf haben wir erreicht, daß unser abweichendes Votum nun auch im Ratsinformations-System hinterlegt ist. Da gab es wohl auch heftigen Widerstand aus den Reihen der Zählgemeinschaft, auch das BVV-Büro war zunächst dagegen und hatte sogar die Meinung unseres Rechtsamtes dazu eingeholt, welches eine Nicht-Veröffentlichung angeraten hat. Schließlich hat ein Dringlichkeitsantrag der Fraktion wohl dazu geführt, daß die Zählgemeinschaft und der BVV-Vorstand aus Angst vor negativer Öffentlichkeit dann der Veröffentlichung im Allris zugestimmt haben. Im Gegenzug haben wir nach der Veröffentlichung unseren Dringlichkeitsantrag zurückgezogen.

Zum Inhalt des Abschluß-Berichts und unserem abweichendem Votum werde ich in den nächsten Tagen noch was schreiben…

 

Die Drucksachen zum Download und zum nachlesen:

Abschlußbericht des Nicht-Ständigen Ausschusses „Kolonie Oeynhausen“

Abweichendes Votum der Fraktion der Piraten

 

 


Beleidigte Unschuld

Ein Gastbeitrag von Holger Jost

NaumannBWoFoto12.2014

Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann hatte sich im Interview mit der „Berliner Woche“ auch zur Kleingartenkolonie Oeynhausen geäußert und dazu abschließend angeführt, dass er in 25 Jahren Kommunalpolitik noch nie erlebt habe, dass so oft Grenzen des Anstandes überschritten worden seien gegenüber politisch Verantwortlichen, die versuchten, das Bestmögliche zu machen. Er empfinde es als völlig unnötige Verschärfung, einfach unberechtigte Korruptionsvorwürfe in die Welt zu setzen.

Warum eigentlich unberechtigte Vorwürfe, Herr Naumann?

Wer in 25 Jahren Kommunal-Politik scheinbar nicht gelernt hat, sich und das Tun der Seinigen auch mal in Frage zu stellen, darf sich nicht wundern, wenn das dann Andere übernehmen.

Wer in Sachen Oeynhausen nicht mit offenen Karten spielt, Gutachten unter Verschluss hält, betroffenen Bürgern, der Presse, selbst den Verordneten des Bezirkes und der Justiz Infos vorenthält, ja, auch schon mal dem Staatsanwalt gegenüber die Unwahrheit erklärt oder das deckelt, wer also bewusst Mauschel-Verdacht in Kauf nimmt, der sät praktisch zwangsläufig Misstrauen und sollte anschließend nicht auf scheinheilig machen.

Wenn ein Staatsanwalt sogar zunächst einen Anfangsverdacht auf Aktenunterdrückung nicht ausschließen konnte, wenn es sich ein „Untersuchungsausschuss“ der BVV mit der Aufklärung dieses Vorganges seit Monaten sehr schwer tut, dann dürften die politisch Verantwortlichen zwar das Bestmögliche versucht haben: Es war dann aber wohl einfach nicht gut genug!

Hoffen wir, dass es in 2015 besser wird… Viel besser!


Straßen für eine Bebauung von Oeynhausen Nord: Schelmenstück in – vorerst – 4 Aufzügen

 

ein Gastbeitrag von Wolfgang Mahnke

oeynhausen01

Bei der Firma Lorac, die Oeynhausen Nord 2008 zum Preis von Kleingartenland von der Post gekauft hatte, ist 2010 die Idee aufgekommen, zu versuchen, die Voraussetzungen für eine Bebauung auszuloten. Hierzu hat sie sich gegenüber dem Bezirksamt im Februar 2011 erboten, das Gelände hinreichend nach den Vorstellungen des Bezirks zu erschließen.

Mit Blick auf die tatsächliche und rechtliche Situation an den Außengrenzen des Areals war klar, dass das 1901 festgesetzte förmliche Straßenraster nicht mehr herstellbar ist. Lorac hat deshalb für die straßenmäßige Erschließung an den Außengrenzen (mit Ausnahme zur nördlich angrenzenden Forckenbeckstraße) eine halbierte Straßenbreite – d.h. Reduzierung der Breite von 15 m auf 7,5 m – vorgeschlagen.

Diesen Vorschlag hat das Tiefbauamt äußerst kritisch beurteilt. Insbesondere hat es sich nicht in der Lage gesehen, ohne eine Expertise über das Verkehrsaufkommen und dessen Ableitung zu entscheiden:

Tiefbauamt, Vfg vom 10.10.2011 (S. 2):

„Aufgrund der Vorhabengröße ist ein Verkehrsgutachten erforderlich, da wegen der beabsichtigten Wohnbebauung mit erheblichem Parksuchverkehr und einem erhöhten Verkehrsaufkommen zu rechnen ist. Dieses Gutachten muss die zu erwartenden künftigen Verkehre darstellen und die Aufnahmekapazitäten durch das öffentliche Verkehrsnetz nachweisen.“

Den hier bis Ende 2013 bekannten Akten lässt sich nicht entnehmen, ob und wie auf die Anregungen des Tiefbauamtes reagiert wurde. Eine wahrnehmbare Äußerung zur straßenmäßigen Erschließung macht das Bezirksamt dann erst wieder in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht im Rechtsstreit zwischen Lorac und dem Land Berlin über die Bescheidung der Bauvoranfrage am 9. Mai 2014. Das Gericht fasst die Einlassung des Bezirks und seine Wertung wie folgt in seinem Urteil vom gleichen Tage zusammen (Urteil vom 9. Mai 2014 zu VG K 177.12, S. 21 f):

„Soweit ihr Vorschlag zur verkehrlichen Erschließung am östlichen Rand des Bauvorhabens ausweislich des Lageplans nur eine 7,50 m breite Straße umfasst und damit nicht die durch den Baunutzungsplan i.V.m. mit den förmlich festgesetzten Straßenfluchtlinien vorgesehene doppelte Straßenbreite, stellt dies die plangemäße Erschließung nicht in Frage. Voraussetzung der plangemäßen Erschließung ist zwar, dass die Erschließung den Vorgaben des Bebauungsplanes folgt, es ist aber nicht erforderlich, dass die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließung vollständig umgesetzt wird, wenn dies für die Erschließung des konkreten Bauvorhabens nicht erforderlich ist. Vorliegend hat der Beklagtenvertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung den von der Kammer anhand des Lageplans und eines Vergleichs mit der Erschließungssituation des westlich an das Vorhaben angrenzenden Wohngebiets gewonnenen Eindruck bestätigt, wonach die vorgesehene 7,50 m breite Straße für die Erschließung des klägerischen Vorhabens ausreichend ist.“

Die Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hatten auch Bezirksverordnete verfolgt. Da die Bezirksverordnetenversammlung keine Informationen über ein zwischenzeitlich etwaig eingeholtes Verkehrsgutachten hatte, hat der Bezirksverordnete Schlosser diese Ungewissheit zum Gegenstand einer kleinen Anfrage an das Bezirksamt gemacht (Kleine Anfrage des Bezirksverordneten Schlosser – Piraten – vom 2.10.2014 nebst Antwort des Bezirksamts vom 6. November 2014, BVV-DS 0400/4, zur „Erschließung der geplanten Bebauung Forckenbeckstraße“):

(Fragestellung Schlosser:)
1. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 9. Mai 2014 in ./. Land Berlin hat das Gericht die Frage gestellt, ob eine straßenmäßige Erschließung des Gesamtareals, bei dem teilweise nur die halbe Straßenbreite gegenüber dem maßgeblichen Straßenfluchtlinienplan erreicht wird, ausreicht. Aufgrund welcher Vorarbeit des Bezirksamtes wurde diese Frage von den bezirklichen Beklagtenvertretern bejaht?
und
2. Wurde für diese Vorarbeit ein Gutachten zu einem künftigen Verkehrsaufkommen eingeholt?
und
3. Falls ja: hat das Gutachten diese Antwort der bezirklichen Beklagtenvertreter rechtfertigt? Bitte die entsprechenden Ausführungen des Gutachtens beifügen.

(Antwort des Bezirksamts:)

Aufgrund des Beschlusses 0466/4 „Kolonie Oeynhausen“ vom 17. Januar 2013, für die westliche Teilfläche eine Wohnbebauung im Geschosswohnungsbau mit bis zu sechs Geschossen im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes zu ermöglichen, deren Verkehrserschließung von der Forckenbeckstraße her zu sichern ist, beantragte der Investor mit Schreiben vom 18. April 2013 die Einleitung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes. Teil des dazu eingereichten städtebaulichen Konzeptes ist auch das Erschließungskonzept gewesen. Darin werden die auf dem Grundstück nach den alten Straßenfluchtlinien festgesetzten „halben Straßenverkehrsflächen“ in einer Breite von 7,50 Metern für eine äußere Umfahrung der Baublöcke bei Errichtung von zwei Grundstückszufahrten zur Forckenbeckstraße hin als ausreichend angesehen.

(Fragestellung Schlosser:)
4. Falls kein solches Gutachten vorlag, bitte ich darzulegen, weshalb auf dessen Beauftragung verzichtet wurde und wie die Gründe für diesen Verzicht dokumentiert worden sind.

(Antwort Bezirksamt zu Frage 4:)
Entfällt.

Diese Antwort ist in zweierlei Hinsicht überraschend:
Zum einen bezieht sie sich auf die Vorbereitungen zu einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan, mit dem bei verdoppelter Geschosszahl das halbe Areal bebaut werden sollte. Diese vom Bezirksbaustadtrat als „Kompromiss“ verkaufte Variante ist nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (dort geht es um die Gesamtbebauung) und wurde nicht mehr weiterverfolgt, nachdem sie von der Bezirksverordnetenversammlung am 15. August 2013 verworfen wurde (Grundtenor: Keine Bebauung ohne Bürgerbeteiligung; BVV-DS 0662/4).
Zum anderen lässt die Antwort darauf schließen, dass zwar kein Verkehrsgutachten eingeholt worden ist, man aber darauf vertraue, dass die Annahme des Eigentümers zutreffe, die halbierte Straßenbreite an der Grundstücksumfahrung sei hinreichend und könne so gleichermaßen im Falle der Gesamtbebauung des Areals bewertet werden.

So muss das Bezirksamt argumentieren, wenn es gegen seine öffentlichen Bekundungen doch eine Bebauung zulassen will und dabei auch in Kauf nimmt, den Verwaltungsprozess zu verlieren. Damit wird gleichzeitig der Wille der Bezirksverordnetenversammlung unterlaufen, die dem Bezirksamt aufgegeben hat, alles für eine Grünflächenausweisung des Geländes zu tun.

Es ist also nur folgerichtig, dass der Bezirksverordnete Schlosser – wohl unschlüssig, ob er die Antwort glauben darf oder sich veralbert fühlen muss -noch einmal zur Güte klärend nachfasst (Kleine Anfrage des Bezirksverord-neten Schlosser – Piraten – vom 19.11.2014 nebst Antwort des Bezirksamts vom 22. Dezember 2014, BVV-DS 0400/4, zur „Erschließung der geplanten Bebauung Forckenbeckstraße II“):

(Fragestellung Schlosser:)
Der Antwort auf meine Kleine Anfrage zur „Erschließung der geplanten Bebauung Forckenbeckstraße“ (DS 0376/4) entnehme ich, dass der Eigentümer des Areals für die Bebauung des hälftigen Areals im Zuge der beabsichtigten Einleitung eines beschleunigten BPlan-Verfahrens ein verkehrliches Erschließungskonzept entwickelt hat, in welchem er die Halbierung der äußeren Binnenstraßen auf 7,50 m Breite noch als hinreichend für die Bewältigung des Verkehrsaufkommens ansieht, obwohl er sich in seinem undatierten Erschließungsangebot von Februar 2011 verpflichtet hatte, „die Erschließung unserer Grundstücke gemäß den … förmlich festgesetzten Straßenfluchtlinien … plangemäß herzustellen“.
Dies vorausgeschickt frage ich:
1) Ist das vom Eigentümer/Vorhabenträger vorgestellte Erschließungskonzept fachlich von der Verwaltung auch unter Berücksichtigung der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen geprüft worden?
und
2) Eignet sich eine Einschätzung des Investors, die „halben Straßenverkehrsflächen“ wären ausreichend, die für die Hälfte des Areals abgegeben worden ist, als Grundlage für eine Entscheidung über die verkehrliche Unbedenklichkeit, die – gemäß dem Gegenstand des Verwaltungsgerichtsverfahrens Lorac gegen Land Berlin – für das gesamte Areal von Oeynhausen Nord und in Einklang mit dem Straßenraster des Baunutzungsplans zu treffen?
und
3) Wenn es eine fachliche Prüfung im Bezirksamt zur verkehrlichen Auskömmlichkeit der Binnenstraßenplanung gegeben hat: Für welche Bebauungsvarianten ist sie erstellt worden, und wie ist diese Prüfung nebst ihren Ergebnissen dokumentiert worden?

(Antwort Bezirksamt:)

Zum ersten Erschließungsangebot vom 1. Februar 2011, welches sich auf das gesamte Lorac-Grundstück bezieht, hat das damalige Tiefbau- und Landschaftsplanungsamt am 10. Oktober 2011 eine ausführliche Stellungnahme abgegeben. Die darin geäußerte Meinung, dass die inneren Erschließungsstraßen als Privatstraßen ausgeführt werden sollen, wurde und wird vom Stadtentwicklungsamt aufgrund der Größe des Baugebietes jedoch nicht geteilt. Das Erschließungsangebot wurde vom Bezirk vor Gericht als zumutbar bezeichnet, zumal der Investor angeboten hat, es gegebenenfalls nach den Wünschen des Bezirksamtes anzupassen.
Unabhängig vom strittigen eigentumsrechtlichen Status der zu bauenden Straßen, hätte bis zum Abschluss eines Erschließungsvertrages das Erschließungsangebot verhandelt werden müssen. Ein entsprechender Auftrag an das damalige Tiefbau- und Landschaftsplanungsamt durch den damaligen Baustadtrat erging nach meiner Kenntnis nicht. Im Zuge derartiger Verhandlungen wäre eine fachgutachterliche Stellungnahme erforderlich gewesen, deren Tragfähigkeit hätte beurteilt werden müssen.
Mit Schreiben vom 18. April 2013 beantragte die Groth-Gruppe die Einleitung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes gemäß dem BVV-Beschluss vom 17. Januar2013 zur Bebauung der westlichen Hälfte der Kolonie Oeynhausen. Zum städtebaulichen Konzept gehört ein weiteres Erschließungskonzept, das ein ringförmiges Straßennetz in der halben Breite der Straßenfluchtlinien vorsieht, welches von der Freien Planungs-gruppe Berlin als tragfähig bewertet wurde.
Eine Beteiligung des Fachbereiches Tiefbau in seiner Funktion als Träger öffentlicher Belange wäre erfolgt, wenn das Bebauungsplanverfahren eingeleitet worden wäre. Dazu kam es aber nicht, weil das Konzept „Teilbebauung“ mit dem BVV-Beschluss vom 15. August 2013 wieder verworfen wurde.

Die Ausführlichkeit dieser Antwort steht offenbar in dem Bemühen, das nicht mehr zu Verbergende verbal so zu verpacken, dass möglichst wenige darin das skandalöse Verhalten erkennen können. Eine klare Antwort hätte auch wie folgt lauten können:
1) Ein Verkehrsgutachten ist unerlässlich; es ist bis heute nicht eingeholt worden.
2) Das Bezirksamt hat sich im Verwaltungsprozess auf die Annahmen des Eigentümers verlassen; diese Annahmen beziehen sich auf eine andere Variante der Bebauung und damit auch der Erschließung.
3) Das Verhalten des Bezirks im Verwaltungsprozess war im gegebenen Zusammenhang inhaltlich und prozessual verfehlt.

Statt im Klartext zu antworten, verweist der jetzige Baustadtrat lieber darauf, dass sein Vorgänger es wohl versäumt habe, das Tiefbauamt mit der Verhandlungsvorbereitung für einen Erschließungsvertrag – mit der auch die Einholung einer verkehrsgutachterlichen Stellungnahme erforderlich gewesen wäre – zu beauftragen. Dabei bleibt geflissentlich unerwähnt, dass der damalige Baustadtrat nach der erwähnten Verfügung des Tiefbauamtes vom 10.10.2011 hierfür nur noch wenige Tage – nämlich genau bis zur Neubildung des Bezirksamtes am 27.10.2011 – Zeit gehabt hätte.

Wenn man sich dies aber vor Augen führt, stellt sich dann vielmehr die Frage, warum der jetzige Baustadtrat, der seit Ende 2011 im Amt ist, nicht selbst diesen Auftrag erteilt hat. Unverständlich bleibt dann ferner, weshalb die Fragestellung nicht anlässlich der Klageerhebung durch Lorac am 6. Juni 2012 wieder aufgegriffen worden ist. Hier ist die Chance verspielt worden, im Verwaltungsprozess – nach Einholung entsprechender Expertise – substantiiert zum Verkehrsaufkommen und zur Verkehrsableitung Stellung zu nehmen:
So wendet sich die „Haltet-den-Dieb“-Attitüde des jetzigen Baustadtrats bei näherem Hinsehen gegen ihn selbst.

Einen Aspekt hat der Baustadtrat bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage ganz weggelassen:
Dem Tiefbauamt ging es in seiner Verfügung vom 10.10.2011 nicht darum, Privatstraßen auf dem Gelände zu präferieren. Es macht vielmehr darauf aufmerksam, dass keine Haushaltsmittel für die Folgekosten von öffentlichem Straßenland verfügbar sind (S. 1 der Verfügung):

„Die Übernahme der projektierten inneren Erschließungsstraßen in das Fachvermögen des Tiefbau- und Landschaftsplanungsamtes und eine Widmung dieser Flächen als öffentliche Straßen kann wegen der damit verbundenen erheblichen künftigen Lasten (öffentliche Beleuchtung, Straßenentwässerung, Unterhaltung usw.) in der derzeitigen Haushaltsnotlage Berlins, die sich vermutlich in naher Zukunft auch nicht ändert, nicht befürwortet werden.“

Das Tiefbauamt spricht damit ein „K.O.“-Kriterium“ an. Auch dieser Aspekt hätte dem Bezirk bei seinen schriftlichen und mündlichen Einlassungen im Verwaltungsgerichtsverfahren nicht abhandenkommen dürfen.

Nach alledem dürfte es an Stoff für weitere Akte in dieser Groteske nicht mangeln.

 


Bäume oder Beton?

Unter diesem Motto rufen der Kleingärtnerverein Oeynhausen  und die Bürgerinitiative Oeynhausen retten alle Menschen auf, sich am 14. November ab 14 Uhr der Demo anzuschließen. Besucht werden sollen Baustadtrat Marc Schulte am Fehrbelliner Platz 4, Stadtentwicklungssenator Michael Müller am Fehrbelliner Platz 1, und Baulöwe Klaus Groth am Kurfürstendamm 50.

Der Bürger-Entscheid mit 85.000 Stimmen für den Erhalt der Kolonie wird von der Verwaltung weiterhin ignoriert. Wecken wir sie auf! Kommt, seid laut, seid wütend!

Plakat+final+A4+Webseite

Das Plakat zum Ausdruck als .pdf herunterladen


Kahlschlag

Anders kann man es nicht nennen: der Stadtentwicklungsplan Wohnen 2025, erarbeitet und herausgegeben von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz in der Verantwortung des jetzigen Regierenden Bürgermeisters Michael Müller, weist ganz lapidar im Anhang auf Seite 100 mal eben 10 Kleingartenanlagen in Charlottenburg-Wilmersdorf als „fällt weg bis 2025“ aus.

KGA Durlach
20 Parzellen
k.w. bis 2016
für 30 Wohnungen
KGA Am Fenn
30 Parzellen
k.w. bis 2020
für 80 Wohnungen
KGA Oeynhausen
435 Parzellen
k.w. bis 2016
für 700 Wohnungen
KGA Hohenzollerndamm
115 Parzellen
k.w. bis 2025
für 400 Wohnungen
KGA Am Stadtpark
119 Parzellen
k.w. bis 2025
für 100 Wohnungen
KGA Bundesallee
21 Parzellen
k.w. bis 2025
für 70 Wohnungen
KGA Paulsborn-Kudowa
46 Parzellen
k.w. bis 2025
für 90 Wohnungen
KGA Wiesbaden
33 Parzellen
k.w. bis 2025
für 120 Wohnungen
Kalowswerder und Seesener Straße
sind bereits weggefallen

Der Bezirksverband Wilmersdorf der Kleingärtner verliert damit 8 seiner jetzt noch 14 Kolonien.


Siedlung Westend

Mitte der 50er Jahre wurde in Westend, zwischen Heerstraße und Olympiastadion, für Soldaten der britischen Schutzmacht eine Siedlung aus 2stöckigen Reihenhäusern gebaut. Nach dem Abzug der Briten kam die Siedlung 1995 – mit 212 Wohnungen – zur Eisenbahn-Siedlungsgesellschaft, die wiederum 2007 von der Deutsche Wohnen AG übernommen wurde. Die Wohnungen wurden auf dem freien Markt vermietet, dabei wurden dem Zustand entsprechend relativ geringe Kaltmieten gefordert, aber auch überdurchschnittlich hohe Nebenkosten, insbesondere bei der Beheizung.

Die nun fast 60 Jahre alten Gebäude wurden nicht immer pfleglich behandelt, was dazu geführt hat, daß die Haustechnik, aber auch die Grundsubstanz der Gebäude heute in einem ziemlich desolaten Zustand sind. Eine Sanierung und Modernisierung auf den heute üblichen Standard würde sehr aufwändig und teuer werden. Die Deutsche Wohnen AG hat sich deshalb entschlossen, die vorhandenen Gebäude abzureißen und durch moderne, energie-effiziente (und schöne) Neubauten zu ersetzen und dabei die Anzahl der Wohnungen auf etwa 550 zu erhöhen.

2013 wurde ein Einladungs-Wettbewerb zur Gestaltung der Siedlung ausgelobt, den das dänische Büro tegnestuen vandkunsten gewonnen hat. Ich war als Gast bei der Preisgerichts-Sitzung anwesend und kann sagen, daß von den vorgestellten 7 Entwürfen der von tegnestien vandkunsten der war, der mir am besten gefallen hat, u.A. weil die Neubauten hauptsächlich auf den Grundflächen der Bestandsbauten stehen sollen. Dadurch kann der sehr schöne, alte Baumbestand auf dem Gelände fast komplett bestehen bleiben. Der Entwurf sieht zudem vor, daß die Neubauten unterschiedliche Fassadengestaltungen und Grundrisse bekommen, so daß zum Einen eine eindeutige optische Adresse für jedes Haus entsteht und zum Anderen die Wohnungen individueller werden. Der Altbestand hat 3- und 4-Zimmer-Wohnungen entsprechend den Bedürfnissen der ursprünglichen Bewohner. Der Entwurf sieht dagegen Wohnungsgrößen von 1 bis 5 Zimmern sowie Einfamilienhäuser vor. Daneben soll ein „Nahversorgungszentrum“ mit Geschäften, Arztpraxen etc. entstehen, was heute gar nicht vorhanden ist.

Die Deutsche Wohnen AG ist meinem Eindruck nach kein Unternehmen, daß nur auf Profit aus ist – man nimmt es dort u.A. mit dem Erhalt von wertvollen Gebäuden sehr ernst, auch weil man Eigentümer von Weltkulturerbe ist. Über den Umgang mit diesem und den Bewohnern habe ich in den letzten Jahren eigentlich nur gutes gehört. Um so mehr war ich erstaunt, daß wir Bezirksverordnete über die Pläne für die Siedlung Westend im vergangenen Jahr zum Stillschweigen verdonnert wurden. Natürlich ließ es sich nicht verheimlichen, daß es Pläne für die Siedlung gab – die Wettbewerbs-Teilnehmer sind ja zwecks Maß- und Bestandsaufnahme durch die Siedlung gelaufen – und es gab schon 2013 Anfragen besorgter Mieter_innen bei uns, ob wir wüßten, was da vor sich geht. Nach dem Wettbewerb hat sich die Deutsche Wohnen AG dann entschlossen, in einer (nichtöffentlichen) Mieterversammlung die Pläne vorzustellen, und dazu auch eine Webseite geschaltet, deren Informationsgehalt allerdings – na, sagen wir mal, immer noch verbesserungsfähig ist.

Die SPD-Abteilung Neu-Westend, geographisch zuständig, hatte nun für den 14.10.2014 zu einer Informationsveranstaltung in die Aula der Charles-Dickens-Grundschule eingeladen – diesmal öffentlich. Auf dem Podium: Heike Schmitt-Schmelz, Marc Schulte und Robert Drewnicki von der SPD sowie Manuela Damianakis, Leiterin Unternehmenskommunikation bei der Deutsche Wohnen AG. Anlaß war der Antrag DS-Nr. 0968/4 der Fraktion Bündis 90/Die Grünen aus dem Juni 2014, der seitdem aber in wohl intensiven Gesprächen in der Zählgemeinschaft einen anderen Inhalt bekommen hat (hier der Ursprungstext). Während der Ursprungstext nur die Schaffung von preiswertem Wohnraum (mit Bezug auf den Beschluß der BVV, DS-Nr. 0475/4), das zur Verfügung stellen von gleichwertigem Wohnraum für die Bestandsmieter_innen „zum gleichen Mietpreis (Nettokaltmiete)“ und eine angemessene Beteiligung am Planungs- und Bauprozess fordert, geht der Ersetzungsantrag wesentlich weiter. Gefordert wird nun

  • die umfassende Einbeziehung der Mieterinnen und Mieter in die Planungen
  • ausführliche Informationen durch den Investor darüber, warum eine Modernisierung gegenüber dem Neubau nicht vertretbar ist
  • die Darlegung der Gründe, warum eine Integration der Bestandsbauten verworfen wurde
  • eine umfassende Berichterstattung (des Investors, wie Heike anmerkte) darüber, wie mit den Bestandsmieter_innen umgegangen wird
  • das Zurverfügungstellen von mindestens gleichwertigem Wohnraum zur gleichen Mietgesamtbelastung während und nach der Baumaßnahme
  • die Übernahme der Umzugs- bzw. Umsetzkosten durch den Investor
  • im B-Plan-Verfahren die Sicherstellung von preiswertem Wohnraum
  • die Festschreibung der angekündigten Nachhaltigkeit

Das ist in etwa das, was die Deutsche Wohnen AG bislang als „selbstverständlich“ angesagt hatte – bis auf die Übernahme der Umzugskosten, hier ist derzeit von „750 bis 1000 €“ die Rede. Wie die Deutsche Wohnen AG sich das vorstellt, kann man hier nachlesen.

Das Thema wird uns in der BVV noch eine ganze Weile beschäftigen. Allein der notwendige Bebauungsplan wird mindestens 18 Monate bis zur Festsetzungsreife benötigen. Wenn der Antrag in seiner letzten Fassung angenommen werden sollte – wovon ich ausgehe -, wird dann eine gründliche Analyse notwendig sein, um feststellen zu können, ob die BVV den B-Plan auch zustimmen kann. Möglicherweise gibt es dann auch eine andere Zusammensetzung der BVV: im Herbst 2016 sind die nächsten Wahlen geplant.

Die Deutsche Wohnen AG ist m.M.n. gut beraten, ihre Mieter_innen in der Siedlung Westend in Zukunft immer ausführlich über Planungsstand und Fortschritt des Verfahrens zu informieren.

Ich selbst bin in der Sache ein wenig gespalten. Einerseits ist da ein ziemlich ehrgeiziger, aber auch sehr guter Plan, der aus einer unspektakulären Siedlung ein Vorzeige-Objekt machen kann. Bein Preisgericht stand ich vor den Plänen und sagte nur „Wow“.
Andererseits gibt es Irritationen über die Informations- und Beteiligungs-Strategie des Investors, die ich so nicht erwartet habe, und wohl daraus resultierend den Antrag der Zählgemeinschaft, der dem Investor jetzt Steine in den Weg legen wird. Ich wünsche mir, daß die Pläne von tegnestien vandkunsten möglichst genau umgesetzt werden, und dabei die betroffenen Mieter_innen umfassend eingebunden werden.



rausgeschmissen

…wurde ich zusammen mit Nadia Rouhani am 21.08.2014 gegen 12 Uhr vom Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann aus einer Pressekonferenz zum neuen Gutachten zum Wert des Geländes der Kolonie Oeynhausen. Anwesende informationshungrige Bürgerinnen und Bürger durften ebenfalls nicht an dieser PK teilnehmen.

Herr Naumann begründete dieses damit, daß diese PK „eine Veranstaltung der Verwaltung“ sei und „in den Räumen der Verwaltung“ stattfinde – er wollte damit wohl auf sein Hausrecht hinweisen. Proteste von Nadia und mir, das gehe ja nun gar nicht, wurden mit „die Fraktionen wurden ja gestern informiert“ beantwortet.

Tatsache ist: das neue Gutachten wurde in je einem Exemplar den Fraktionen und Marlene am Dienstag morgen in die Büros gelegt. Das BVV-Büro informierte die Fraktionen per Email um 10:56 Uhr davon. In allen Fraktionen ist das Büro derzeit noch wegen Sommerferien geschlossen. Marlene befindet sich im Ausland.

Um 13:49 Uhr am Dienstag kam eine Email von Holger, daß er soeben aus dem Büro des Bezirksbürgermeisters für Mittwoch, 18 Uhr zu einem Infotreffen zu diesem neuen Gutachten und dem weiteren Vorgehen eingeladen sei. Die Vertraulichkeit des Dokuments (also des Gutachtens) wurde dabei nochmals betont.

Ich fand mich dann am Mittwoch kurz vor 18 Uhr vor dem Büro des BezBM ein und sprach noch mit Nadia und Arne Herz über die Sache, währen Holger schon im Büro des BezBM war. Als ich dann reinging, nahm Holger mich zur Seite und bat mich, nicht an dem Termin teilzunehmen,. Später am Abend schrieb er, daß wohl gesagt wurde, daß da noch einige ernsthafte Worte wegen Weitergabe von Daten und meinen Blogartikeln fallen sollten.

Der Rausschmiß am Donnerstag hat dann Nadia sehr aufgeregt – zu Recht, meine ich. Wenn Herr Naumann meint, von seinem Hausrecht Gebrauch machen zu müssen, um Bezirksverordnete – die ja hier in Berlin auch Teil der Verwaltung sind – an ihrer Arbeit zu hindern, dann ist das ein starkes Stück. Die Kontrollrechte, die die BVV bzw. die Bezirksverordneten gegenüber der (restlichen) Verwaltung haben, beschränken sich ja nicht auf die Vergangenheit, wie Peter Ottenberg im Kommentar zum Bezirksverwaltungsgesetz zum § 17  schreibt:

Der Wortlaut der Vorschrift könnte eingeengt so verstanden werden, dass eine Kontrolle erst einsetzt, wenn das BA Geschäfte geführt, also gehandelt hat, mithin regelmäßig um eine „nachläufige Überprüfung (von Verwaltungshandeln) und nicht die Tätigkeit des BA begleitende Mitarbeit“. Diese Einengung greift jedoch nicht durch. Kontrollmechanismen dürfen im Sinne einer erweiterten Befugnis der BVV auch vorsorglich zur Anwendung gebracht werden. Der Begriff ist so zu verstehen, dass „er die vorbeugende, mitgehende und nachgehende Kontrolle umfasst“.
(Rn 4)

Auch sind wir Bezirksverordnete, wie schon gesagt, Teil der Verwaltung, und als solche haben wir sicherlich genauso ein Recht, an solchen Veranstaltungen teilzunehmen, wie z.B. die Justitiare des Bezirks, die da gestern teilnehmen durften. Es steht uns zu, eine „mitgehende“ Kontrolle auszuüben. An presseöffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen, gehört meines Erachtens dazu.

Ich hab dann, als ich vor dem Bürgermeisterbüro auf das Ende der PK wartete, auf Facebook geschrieben:

Sitze VOR. Dem Büro des bezirksburgermeisters, in dem eine pk zum neuen Gutachten zu Oeynhausen stattfindet. Bezirksverordnete wurden von Naumann rausgeschmissen.

Es gab nette Kommentare dazu.

 

 


Noch eine Dreistigkeit

Nach Hinweisen von und Gesprächen mit meinen juristischen Beratern komme ich zu dem Schluß, daß Baustadtrat Marc Schulte in der Sonder-BVV am 04.08.2014 noch eine ziemlich dreiste Ansage gemacht hat:

Marc Schulte hat in der BVV am 4. August zum Besten gegeben, dass er Carsten Engelmann (CDU) eine Vertagung der Beanstandung angeboten habe. Damit habe er den BA-Vertretern der CDU und der Grünen Gelegenheit geben wollen, die Beanstandungsbeschlussvorlage bei der nächsten Sitzung, in der sie zusammen wieder die Mehrheit im Bezirksamt hätten, zurückzuweisen. Hierauf sei Herr Engelmann nicht angesprungen, was er (Schulte) nur als inkonsequentes oder taktisches Verhalten deuten könne.

Diese Einlassung, sofern das denn wirklich so gewesen ist, halte ich für infam:
Marc Schulte hat seinen Kollegen im Bezirksamt mit dem Angebot einer Vertagung der Entscheidung über die Beanstandung eine Falle stellen wollen. Hätte man die Beanstandung vertagt und hätte das Bezirksamt dann beim nächsten Termin die SPD-Stadträte überstimmt und eine Beanstandung des BVV-Beschlusses abgelehnt, hätte Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann dann diesen Bezirksamts-Beschluss später von sich aus – gegründet auf § 39 Abs. 4 BezVG beanstandet. Diesen Beschluss hätte dann wiederum das Bezirksamt mit Mehrheit der CDU-/Grünen-Stadträte seinerseits beanstanden und den Innensenator anrufen müssen. Dessen Entscheidung wäre dann abzuwarten gewesen und die BVV am 4. August wäre hinfällig geworden. Damit wäre das Heft des Handelns der BVV entzogen; die BVV müsste – anders als jetzt – nicht einmal von der Bezirksaufsicht beim Senator für Inneres und Sport im Verfahren angehört werden.

Diese Hinterlist hat Arne Herz (CDU) am 4. August in seiner Erwiderung auf Schulte angedeutet. Schwach war allerdings, dass die CDU-Stadträte Dagmar König und Carsten Engelmann hier nicht selbst entsprechend reagiert haben; aber: Zumindest im Ergebnis hat sich Carsten Engelmann in der Bezirksamtssitzung richtig verhalten.

Solche taktischen „Spielchen“ sind der Sache nicht dienlich und einem ordentlich arbeitendem Bezirksamt unwürdig. Ich hoffe, daß der Eindruck, der hier in meinem Beraterkreis entstanden ist, täuscht.


Dumm oder dreist?

Das Bezirksamt hat ja den Beschluß der BVV beanstandet, für das Gelände der Kolonie Oeynhausen eine Veränderungssperre zu erlassen.

Begründet wird die Beanstandung unter anderem damit, daß eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB nicht erlassen werden könnte, weil

Das  Bezirksamt  nach  dem  gegenwärtigen  Stand  des  Planungsverfahrens  und  dem  jahrelangen  Vorlauf  der  Angelegenheit  seit  dem  Jahr
2011  davon  ausgehen muss,  dass  die  Planung  gemäß des  Planentwurfs  IX  205a  endgültig  nicht  festsetzbar  ist,  da  dies  Entschädigungsforderungen  der Grundstückseigentümerin  in  unbestimmter  EuroMillionenhöhe  nach  sich  ziehen  würde.

Statt dessen möchte das Bezirksamt den § 15 BauGB nutzen, um die Kolonie zu retten:

Durch  Beschluss  der  Bezirksverordnetenversammlung  vom  19.  Juni  2014  und  des  Bezirksamtes  vom  1.  Juli  2014  [TOP  7a  (Vorlage  Nr. 210  z.  B)]  besteht  bereits  eine  gesicherte  Rechtslage  zur  grundlegenden  Interessensicherung,  nach der  das  Bezirksamt  dazu  verpflichtet  ist,  dass  es, sollten  solche  Anträge  tatsächlich  gestellt  werden,
hierauf  unmittelbar  mit  einer  Zurückstellung  nach  § 15  BauGB  zu  reagieren  hat.

Diese Argumentation ist m.E.n. entweder dumm oder dreist.

Dumm wäre sie, wenn das BA und die ihm zuarbeitenden Mitarbeiter_innen nicht erkannt hätten, daß § 15 BauGB keine Alternative zu § 14 BauGB ist, sondern eine Ergänzung.  Eine Veränderungssperre ist immer als Satzung der Gemeinde zu erlassen. In Berlin bedeutet das, daß das BA und die BVV eine Veränderungssperre beschließen müssen, das BA darüber Einvernehmen bei der zuständigen Senatsverwaltung herstellen und die Veränderungssperre im Gesetzblatt veröffentlicht werden muß. All dies benötigt Zeit, und für den Fall, daß in dieser Zeit ein Baugesuch oder Bauantrag eingereicht wird, der der Planung der Gemeinde widerspricht, kann dem mit einer Zurückstellung begegnet werden.

Daraus folgt, daß für eine Zurückstellung die selben Voraussetzungen gelten wie für eine Veränderungssperre, so Mischung in Battis: Baugesetzbuch, 12. Auflage, Rn 2 zu § 15.

Das BA behauptet nun, daß die Veränderungssperre nicht möglich ist, weil der B-Plan nicht festsetzbar ist. Daß damit aber auch keine Zurückstellung möglich ist, wird übersehen. Das nenne ich dumm.

Dreist wäre die Argumentation des BA, wenn es folgendes Szenario ins Kalkül ziehen würde (was ich ihm durchaus zutraue):

  • Lorac schickt einen Bauantrag
  • BA antwortet: ist nicht, wir machen Zurückstellung
  • Lorac sagt danke und klagt
  • Das VG fragt im Verfahren das BA: soso, Zurückstellung, schön, schön. Wie weit ist denn die Veränderungssperre? Ach, ihr macht keine? Warum nicht? ach, der B-Plan ist nicht festsetzbar?

Das Ergebnis eines solchen Vorgehens ist dann klar: dem Bauantrag ist zuzustimmen, die Kolonie ist perdu. Das nenne ich dreist, weil durch die Argumentation des BA den Mitgliedern der BVV, aber auch der Öffentlichkeit suggeriert wird, daß mit dem (untauglichen) Mittel der Zurückstellung die Probleme gelöst werden könnten. Für das BA wäre das natürlich eine elegante Lösung, denn es könnte sagen: wir haben es versucht. Den Zusammenhang zwischen Zurückstellung und Veränderungssperre – sorry, das haben wir übersehen.