Offene Kleine Anfragen

Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf hat mit Email vom 08.10.2015 (über das Büro des Bezirksbürgermeisters) das BVV-Büro darüber informiert, daß für eine Anzahl Kleiner Anfragen eine Fristverlängerung bis 31.12.2015 erbeten wird. Begründet wird dies mit

der derzeitigen Vertretungssituation, der Flüchtlingsthematik und dem daraus resultierenden erhöhten Arbeitsaufwand

Zur Vertretungssituation ist zu sagen, daß ein BA-Mitglied seit Frühjahr 2015 dauerhaft erkrankt ist und wohl auch nicht mehr bis zum Ende der Wahlperiode wiederkommen wird. Die Aufgaben dieses BA-Mitglieds müssen nun von den restlichen vier mit übernommen werden.

Von den 13 in der o.g. Mail aufgeführten Kleinen Anfragen sind Stand heute morgen – genau 0 (Null) beantwortet, obwohl schon wieder mehr als 3 Wochen vergangen sind. Zusätzlich gibt es weitere 12 KA, deren Beantwortungstermin bereits vorbei ist.

ich habe mir erlaubt, em Bezirksbürgermeister heute nachfolgende mail zu senden:

Sehr geehrter Herr Naumann!


meine wöchentliche Durchsicht der KA ergab, daß die 
folgenden KAs weit überfällig sind:


Nr.     Eingang		Fällig		Fristverlängerung

0386/4	22.10.14	15.01.15	31.12.15
0438/4	10.03.15	10.04.15	31.12.15
0449/4	26.03.15	26.04.15	31.12.15
0453/4	01.04.15	01.05.15	31.12.15
0469/4	12.05.15	12.06.15	31.12.15
0470/4	12.05.15	12.06.15	31.12.15
0473/4	18.05.15	18.06.15	31.12.15
0475/4	18.05.15	18.06.15	31.12.15
0483/4	09.06.15	09.07.15	31.12.15
0484/4	09.06.15	09.07.15	31.12.15
0491/4	17.06.15	17.07.15	31.12.15
0499/4	02.07.15	02.08.15	31.12.15
0517/4	22.07.15	22.08.15	31.12.15

0520/4	04.08.15	17.09.15	
0527/4	02.09.15	02.10.15
0530/4	09.09.15	09.10.15
0532/4	09.09.15	09.10.15	
0541/4	05.11.15	05.12.15
0544/4	09.11.15	09.12.15
0545/4	11.11.15	11.12.15
0546/4	12.11.15	12.12.15	15.01.16
0547/4	17.11.15	17.12.15	17.01.16
0549/4	23.11.15	23.12.15
0551/4	02.12.15	03.01.16
0554/4	18.12.15	18.01.16


Stand heute (25.01.2016) hätten alle diese Kleinen 
Anfragen beantwortet sein müssen. Nach § 8 Abs. 1 
BezVG sind die Mitglieder des Bezirksamtes an die 
Geschäftsordnung der BVV gebunden, soweit es (auch) die
Beantwortung von Anfragen betrifft. Unsere GO sieht 
in § 1 Abs. 4 eine Frist von 4 Wochen für die 
Beantwortung vor.

Ich erachte diese massive, fortdauernde Missachtung 
der Auskunftsrechte der Bezirksverordneten durch das 
Bezirksamt als nicht gerade förderlich für die 
Zusammenarbeit. Sollte dieser Zustand weiter bestehen, 
erwäge ich gemeinsam mit meiner Fraktion eine 
verwaltungsgerichtliche Überprüfung.

Ich werde eie entsprechende, hoffentlich um beantwortete KA ergänzte Liste ab sofort jeden Montag erstellen, an den BezBM schicken und hier veröffentlichen. Mal sehen,, ob es eine Reaktion gibt.


Der faule Kompromiß

 

Kompromiss

Zugeständnis, Einigung

Das Wort kommt aus dem Lateinischen. Es bedeutet so viel wie „Übereinkunft“. Es gibt einen Kompromiss, wenn sich Menschen gegenseitig Zugeständnisse machen. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn zwei Freunde sich nicht über ein Reiseziel einigen können. Der eine will ans Meer, der andere in die Berge. Sie fahren dann vielleicht nach einigem Suchen und weiteren Gesprächen an eine Küste oder einen See, wo auch Berge in der Nähe sind.

Kompromisse in der Politik

In der politischen Arbeit müssen ständig Kompromisse eingegangen werden, wenn Ziele erreicht werden sollen. Das ist vor allen Dingen dann der Fall, wenn zwei oder mehrere Parteien ein Bündnis, eine Koalition bilden wollen, um zu regieren. Jede Partei muss ein Stück ihrer eigenen Interessen und Vorstellungen aufgeben, damit eine Einigung mit den anderen zustande kommt.
Quelle: Gerd Schneider / Christiane Toyka-Seid: Das junge Politik-Lexikon von www.hanisauland.de, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2013.

 

Da hat also unser Bezirksamt einen Kompromiß mit Klaus Groth geschlossen, um „wenigstens die Hälfte der Kolonie Oeynhausen zu retten“. Herausgekommen ist m.M.n. aber eine einseitig zu Gunsten von Klaus Groth geschlossene Vereinbarung. Im Gegensatz zu dem 2013 geschlossenen „Kompromiß“, den wir nicht mitgetragen haben, darf Groth jetzt 900 Wohnungen bauen – 150 % der damaligen Anzahl. Auch die Bruttogeschoßfläche ist gegenüber 2013 von 64.000 qm auf 90.000 qm gestiegen.

Gemäß dem „Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung“ soll „der für ganz Berlin verbindliche Anteil der mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen, bezogen auf die Gesamtzahl der zu errichtenden Wohnungen, grundsätzlich 25 Prozent betragen.“ Hier gehe ich davon aus, daß also 25% von 90.000 qm für solche Wohnungen vorgesehen sein sollen. Der „Kompromiß“ des BA sieht aber nur vor, von der Differenz zwischen 2013 und heute (also 90.000 qm – 64.000 qm ) 25% als preisgebundene Wohnungen zu bauen, wobei ca. 65 WE errechnet wurden (siehe Pressemitteilung des Bezirksamts). 25% von 26.000 qm sind 6.500 qm. Würde das Berliner Modell konsequent angewandt werden, hätten es 22.500 qm sein müssen. Groth baut also nur gut 7% preisgebundene Wohnungen, ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Für Groth, nicht für das Land Berlin.
Ja, ich habe den Satz „Zur Wahrung der Angemessenheit kann es im begründeten  Einzelfall geboten sein, den Anteil zu verringern oder ganz darauf zu verzichten“ aus dem Flyer der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt auch gelesen. Die Begründung für den hier dem Investor Klaus Groth gegebenen Vorteil muß aber noch vorgelegt werden.

„Freundlicherweise“ hat sich Klaus Groth noch bereiterklärt, einen Betrag von 1,036 Mio € für 28 Grundschulplätze zu bezahlen. Die Schulen im Bereich der Kolonie platzen schon aus allen Nähten, ob 28 Plätze dauerhaft reichen werden, bezweifele ich.

Ebenfalls „freundlicherweise“ ist Klaus Groth bereit, eine Kindertagesstätte mit 65 bis 80 Plätzen zu bauen. Zusammen mit einem neuen Vereinsheim soll diese im sogenannten „Baufeld 3“ entstehen, dem kleinen „Entenbürzel“ an der Forckenbeckstraße (siehe die Karte) . Dafür müssen etwa 10 weitere Pächter ihre Laube aufgeben.

Groth behält auch das gesamte Gelände der Kolonie (den privaten Teil, südlich schließt sich ein dem Land Berlin gehörender Teil an). Die Pacht für die verbleibenden Kleingärten wird also zukünftig an Klaus Groth gezahlt, der sich mit seinem Verhalten den Kleingärtnern gegenüber schon gut eingeführt hat: pünktlich zu Weihnachten 2015 erhielten die von diesem „Kompromiß“ betroffenen Pächter die Aufforderung, ihre Parzellen bis zum 31. Januar 2016 zu räumen, wie auch Vereinswirt Fränky seine Gaststätte zum 31. Januar 2016 schließen und räumen muß.

Die geräumten Parzellen werden dann im Februar (auf Groths Kosten) plattgemacht, alle Bäume und Büsche gerodet. Es bleibt dann eine Brache, ein Acker, der uns mindestens bis zum Herbst „erfreuen“ wird.

So sieht also unsere Stadtentwicklungspolitik aus: Klaus Groth, schon früher durch seine guten Beziehungen zu den Spitzen der Berliner Politik aufgefallen, umtriebig an vielen Stellen in der Stadt gegen die Interessen der betroffenen Anwohner (und, wie ich meine, auch gegen die Interessen der Stadt) planend und bauend, holt sich in Sachen Oeynhausen schon im Oktober 2013 das OK des damaligen Stadtentwicklungssenators und heutigen Regierenden Bürgermeisters Michael Müller zu seinen Plänen, wie RBB Online schreibt. Auch wir haben damals von diesem Plazet des Senators gehört. Alle Versuche der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf, die Kolonie möglichst komplett zu retten, waren damit zum Scheitern verurteilt. So wundert es mich nicht, daß die Entscheidung der Bezirksaufsicht (angesiedelt beim Senator für Inneres, Klaus Henkel, CDU) über den Antrag auf Veränderungssperre just zur selben Zeit bei uns ankam wie die Mitteilung, daß das Gelände der Kolonie Oeynhausen Nord an Klaus Groth verkauft wurde.

 

Meine Fraktion hat die Frage des Bezirksamts, wie wir zu dem ausgehandelten „Kompromiß“ stehen, wie folgt beantwortet:

Die Piratenfraktion spricht sich einstimmig gegen den vorliegenden Kompromiss des Bezirksamtes mit Groth aus.

Die Begründung dazu ist: dieser „Kompromiß“ ist nicht gut für den Bezirk und die Stadt, er entspricht nicht den Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner. Ein für das Stadtklima wichtiges Kaltluftentstehungsgebiet wird ohne Not aufgegeben. Die Berlinerinnen und Berliner, besonders die in Wilmersdorf und Charlottenburg, werden das in wenigen Jahren deutlich spüren, wenn die Durchlüftung der Innenstadt geringer wird. Im Vergleich zu anderen Baustellen in der Stadt wäre die möglicherweise zu zahlende Entschädigung für verlorenes Baurecht, wenn das komplette Gelände per B-Plan dauerhaft als Kleingärten gesichert worden wäre, Peanuts. Offensichtlich ist diesem Senat die gute Beziehung zu Klaus Groth wichtiger als das gute Klima in der Stadt. Und das bezieht sich nicht nur auf das Wetter…

Nachtrag: natürlich ist uns klar, daß unser Standpunkt, hätte er eine Mehrheit in der BVV bekommen, das sofortige Ende der kompletten Kolonie (mit Ausnahme des südlichen Teils) bedeutet hätte. Das war so mit den Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern abgesprochen. Und ehrlich gesagt haben wir nicht erwartet, mit unserer Position in der Mehrheit zu sein….

 

 

 

 

 

 


Gestern habe ich geheult

IMG_3237Am 16. Januar, einem Samstag, waren wir im Vereinsheim der Kolonie Oeynhausen, um schön zu essen. Es war für die Jahreszeit sehr viel los: unentwegt konnte ich Kleingärtner sehen, die mit Schubkarre, Handwagen oder auch einfach so ihr Hab und Gut aus den Gärten und Lauben entfernten, die zum Ende des Monats geräumt sein müssen.

Der Anblick der emotional völlig fertigen Kleingärtnerinnen und Kleingärtner, die bei Minustemperaturen und teilweise sehr glatten Wegen und Treppen dabei waren, zu retten, was noch zu retten ist, trieb mir die Tränen in die Augen…

Über drei Jahre haben wir gekämpft, alles Mögliche auf die Beine gestellt, gemeinsam einen erfolgreichen Bürgerentscheid erkämpft – und doch war es vergebens. Die Kolonie Oeynhausen, eine der ältesten und größten in Berlin, ist Geschichte. Senat und Abgeordnetenhaus waren nicht willig, dieses für die Stadt wichtige Kaltluft-Entstehungsgebiet, diese für viele Tiere wichtige Kinderstube, dieses grüne Kleinod vor dem Beton zu retten, den Klaus Groth nun hier verbreiten wird wie eine graue Pest.

Es ist zum Heulen, und ich habe geheult.

Im Schnelldurchgang ist unser Bezirksamt dabei, eine Vereinbarung mit Klaus Groth festzuzurren. Gleichzeitig verhandelt Groth mit dem Bezirksverband der Kleingärtner. Beide Verhandlungen bauen aufeinander auf, ohne daß genügend Informationen aus der einen in die andere Verhandlung fließen. Das Ergebnis der Verhandlung BA <-> Groth sollen die Fraktionen heute abnicken, damit das Bezirksamt morgen in einer Pressekonferenz das Ergebnis verkünden kann.

Es ist zum Heulen, und ich habe geheult.

 

 

Nachtrag: ebenfalls am Samstag habe ich erlebt, daß alle Kleingärtnerinnen und Kleingärtner, die mit mir gesprochen haben, dankbar für die Unterstützung waren, die die Fraktion der PIRATEN in der BVV CharlWilm im Kampf um die Kolonie gegeben haben. Das bestärkt mich darin, es im September nochmal zu probieren 🙂