Bäume oder Beton?

Unter diesem Motto rufen der Kleingärtnerverein Oeynhausen  und die Bürgerinitiative Oeynhausen retten alle Menschen auf, sich am 14. November ab 14 Uhr der Demo anzuschließen. Besucht werden sollen Baustadtrat Marc Schulte am Fehrbelliner Platz 4, Stadtentwicklungssenator Michael Müller am Fehrbelliner Platz 1, und Baulöwe Klaus Groth am Kurfürstendamm 50.

Der Bürger-Entscheid mit 85.000 Stimmen für den Erhalt der Kolonie wird von der Verwaltung weiterhin ignoriert. Wecken wir sie auf! Kommt, seid laut, seid wütend!

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Kahlschlag

Anders kann man es nicht nennen: der Stadtentwicklungsplan Wohnen 2025, erarbeitet und herausgegeben von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz in der Verantwortung des jetzigen Regierenden Bürgermeisters Michael Müller, weist ganz lapidar im Anhang auf Seite 100 mal eben 10 Kleingartenanlagen in Charlottenburg-Wilmersdorf als „fällt weg bis 2025“ aus.

KGA Durlach
20 Parzellen
k.w. bis 2016
für 30 Wohnungen
KGA Am Fenn
30 Parzellen
k.w. bis 2020
für 80 Wohnungen
KGA Oeynhausen
435 Parzellen
k.w. bis 2016
für 700 Wohnungen
KGA Hohenzollerndamm
115 Parzellen
k.w. bis 2025
für 400 Wohnungen
KGA Am Stadtpark
119 Parzellen
k.w. bis 2025
für 100 Wohnungen
KGA Bundesallee
21 Parzellen
k.w. bis 2025
für 70 Wohnungen
KGA Paulsborn-Kudowa
46 Parzellen
k.w. bis 2025
für 90 Wohnungen
KGA Wiesbaden
33 Parzellen
k.w. bis 2025
für 120 Wohnungen
Kalowswerder und Seesener Straße
sind bereits weggefallen

Der Bezirksverband Wilmersdorf der Kleingärtner verliert damit 8 seiner jetzt noch 14 Kolonien.


Siedlung Westend

Mitte der 50er Jahre wurde in Westend, zwischen Heerstraße und Olympiastadion, für Soldaten der britischen Schutzmacht eine Siedlung aus 2stöckigen Reihenhäusern gebaut. Nach dem Abzug der Briten kam die Siedlung 1995 – mit 212 Wohnungen – zur Eisenbahn-Siedlungsgesellschaft, die wiederum 2007 von der Deutsche Wohnen AG übernommen wurde. Die Wohnungen wurden auf dem freien Markt vermietet, dabei wurden dem Zustand entsprechend relativ geringe Kaltmieten gefordert, aber auch überdurchschnittlich hohe Nebenkosten, insbesondere bei der Beheizung.

Die nun fast 60 Jahre alten Gebäude wurden nicht immer pfleglich behandelt, was dazu geführt hat, daß die Haustechnik, aber auch die Grundsubstanz der Gebäude heute in einem ziemlich desolaten Zustand sind. Eine Sanierung und Modernisierung auf den heute üblichen Standard würde sehr aufwändig und teuer werden. Die Deutsche Wohnen AG hat sich deshalb entschlossen, die vorhandenen Gebäude abzureißen und durch moderne, energie-effiziente (und schöne) Neubauten zu ersetzen und dabei die Anzahl der Wohnungen auf etwa 550 zu erhöhen.

2013 wurde ein Einladungs-Wettbewerb zur Gestaltung der Siedlung ausgelobt, den das dänische Büro tegnestuen vandkunsten gewonnen hat. Ich war als Gast bei der Preisgerichts-Sitzung anwesend und kann sagen, daß von den vorgestellten 7 Entwürfen der von tegnestien vandkunsten der war, der mir am besten gefallen hat, u.A. weil die Neubauten hauptsächlich auf den Grundflächen der Bestandsbauten stehen sollen. Dadurch kann der sehr schöne, alte Baumbestand auf dem Gelände fast komplett bestehen bleiben. Der Entwurf sieht zudem vor, daß die Neubauten unterschiedliche Fassadengestaltungen und Grundrisse bekommen, so daß zum Einen eine eindeutige optische Adresse für jedes Haus entsteht und zum Anderen die Wohnungen individueller werden. Der Altbestand hat 3- und 4-Zimmer-Wohnungen entsprechend den Bedürfnissen der ursprünglichen Bewohner. Der Entwurf sieht dagegen Wohnungsgrößen von 1 bis 5 Zimmern sowie Einfamilienhäuser vor. Daneben soll ein „Nahversorgungszentrum“ mit Geschäften, Arztpraxen etc. entstehen, was heute gar nicht vorhanden ist.

Die Deutsche Wohnen AG ist meinem Eindruck nach kein Unternehmen, daß nur auf Profit aus ist – man nimmt es dort u.A. mit dem Erhalt von wertvollen Gebäuden sehr ernst, auch weil man Eigentümer von Weltkulturerbe ist. Über den Umgang mit diesem und den Bewohnern habe ich in den letzten Jahren eigentlich nur gutes gehört. Um so mehr war ich erstaunt, daß wir Bezirksverordnete über die Pläne für die Siedlung Westend im vergangenen Jahr zum Stillschweigen verdonnert wurden. Natürlich ließ es sich nicht verheimlichen, daß es Pläne für die Siedlung gab – die Wettbewerbs-Teilnehmer sind ja zwecks Maß- und Bestandsaufnahme durch die Siedlung gelaufen – und es gab schon 2013 Anfragen besorgter Mieter_innen bei uns, ob wir wüßten, was da vor sich geht. Nach dem Wettbewerb hat sich die Deutsche Wohnen AG dann entschlossen, in einer (nichtöffentlichen) Mieterversammlung die Pläne vorzustellen, und dazu auch eine Webseite geschaltet, deren Informationsgehalt allerdings – na, sagen wir mal, immer noch verbesserungsfähig ist.

Die SPD-Abteilung Neu-Westend, geographisch zuständig, hatte nun für den 14.10.2014 zu einer Informationsveranstaltung in die Aula der Charles-Dickens-Grundschule eingeladen – diesmal öffentlich. Auf dem Podium: Heike Schmitt-Schmelz, Marc Schulte und Robert Drewnicki von der SPD sowie Manuela Damianakis, Leiterin Unternehmenskommunikation bei der Deutsche Wohnen AG. Anlaß war der Antrag DS-Nr. 0968/4 der Fraktion Bündis 90/Die Grünen aus dem Juni 2014, der seitdem aber in wohl intensiven Gesprächen in der Zählgemeinschaft einen anderen Inhalt bekommen hat (hier der Ursprungstext). Während der Ursprungstext nur die Schaffung von preiswertem Wohnraum (mit Bezug auf den Beschluß der BVV, DS-Nr. 0475/4), das zur Verfügung stellen von gleichwertigem Wohnraum für die Bestandsmieter_innen „zum gleichen Mietpreis (Nettokaltmiete)“ und eine angemessene Beteiligung am Planungs- und Bauprozess fordert, geht der Ersetzungsantrag wesentlich weiter. Gefordert wird nun

  • die umfassende Einbeziehung der Mieterinnen und Mieter in die Planungen
  • ausführliche Informationen durch den Investor darüber, warum eine Modernisierung gegenüber dem Neubau nicht vertretbar ist
  • die Darlegung der Gründe, warum eine Integration der Bestandsbauten verworfen wurde
  • eine umfassende Berichterstattung (des Investors, wie Heike anmerkte) darüber, wie mit den Bestandsmieter_innen umgegangen wird
  • das Zurverfügungstellen von mindestens gleichwertigem Wohnraum zur gleichen Mietgesamtbelastung während und nach der Baumaßnahme
  • die Übernahme der Umzugs- bzw. Umsetzkosten durch den Investor
  • im B-Plan-Verfahren die Sicherstellung von preiswertem Wohnraum
  • die Festschreibung der angekündigten Nachhaltigkeit

Das ist in etwa das, was die Deutsche Wohnen AG bislang als „selbstverständlich“ angesagt hatte – bis auf die Übernahme der Umzugskosten, hier ist derzeit von „750 bis 1000 €“ die Rede. Wie die Deutsche Wohnen AG sich das vorstellt, kann man hier nachlesen.

Das Thema wird uns in der BVV noch eine ganze Weile beschäftigen. Allein der notwendige Bebauungsplan wird mindestens 18 Monate bis zur Festsetzungsreife benötigen. Wenn der Antrag in seiner letzten Fassung angenommen werden sollte – wovon ich ausgehe -, wird dann eine gründliche Analyse notwendig sein, um feststellen zu können, ob die BVV den B-Plan auch zustimmen kann. Möglicherweise gibt es dann auch eine andere Zusammensetzung der BVV: im Herbst 2016 sind die nächsten Wahlen geplant.

Die Deutsche Wohnen AG ist m.M.n. gut beraten, ihre Mieter_innen in der Siedlung Westend in Zukunft immer ausführlich über Planungsstand und Fortschritt des Verfahrens zu informieren.

Ich selbst bin in der Sache ein wenig gespalten. Einerseits ist da ein ziemlich ehrgeiziger, aber auch sehr guter Plan, der aus einer unspektakulären Siedlung ein Vorzeige-Objekt machen kann. Bein Preisgericht stand ich vor den Plänen und sagte nur „Wow“.
Andererseits gibt es Irritationen über die Informations- und Beteiligungs-Strategie des Investors, die ich so nicht erwartet habe, und wohl daraus resultierend den Antrag der Zählgemeinschaft, der dem Investor jetzt Steine in den Weg legen wird. Ich wünsche mir, daß die Pläne von tegnestien vandkunsten möglichst genau umgesetzt werden, und dabei die betroffenen Mieter_innen umfassend eingebunden werden.