Die BVV ignoriert ihre Geschäftsordnung

Sitzungen der Ausschüsse und der BVV sind grundsätzlich öffentlich. Das ist in einer Demokratie nun mal so, also auch in CharlWilm.

 

Es gibt aber Ausnahmen, wie die aktuelle Geschäftsordnung der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf zeigt:

 

§ 16
Öffentliche und nichtöffentliche Sitzung


(1) Die Verhandlungen der BVV sind öffentlich.
(2) Die Öffentlichkeit kann auf Antrag einer Fraktion, eines Fünftels der Bezirksverordneten oder des Bezirksamtes für bestimmte Angelegenheiten ausgeschlossen werden. Beratung und Entscheidung erfolgen in nichtöffentlicher Sitzung und sind vertraulich. In nichtöffentlicher Sitzung sind in jedem Falle zu behandeln:
a) alle persönlichen Angelegenheiten, Sondervergünstigungen und Unterstützungen aller im Dienste der Stadt
und des Landes Berlin stehenden Personen,
b) Angelegenheiten, bei denen die Vermögensverhältnisse Dritter zur Sprache kommen,
c) Beschwerden über die Geschäftsführung des Vorstehers/der Vorsteherin,
d) Beratung über An- und Verkäufe von Grundstücken

e) weitere Gegenstände, die nach gesetzlichen Bestimmungen zwingend einer Behandlung in nichtöffentlicher
Sitzung bedürfen.
(3) Soweit die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde, ist der zugrunde liegende Grund in allgemeiner und die Vertraulichkeit des Sitzungsinhalts wahrender Form in der öffentlich zugänglichen Sitzungsniederschrift anzugeben.

Soweit so schlecht. Was macht die BVV daraus? Schaun wer mal…

Sitzung des Haushalts-Ausschusses am 14.02.2017. Es erscheint ja logisch, daß in diesem Ausschuß Sachen behandelt werden könnten, die im oben zitierten Paragraphen der GO aufgezählt sind. Und richtig: es gibt einen TOP 7 nichtöffentlich. Um was es da gehen soll, steht in der Tagesordnung nicht drin.

Auch nicht in der Niederschrift – siehe Link. Das entspricht nicht dem § 16 Abs. 3 der GO-BVV.

 

Wie es anders geht, zeigt z.B. der Rat der Stadt Bonn. In deren Rats- und Informations-System Bo-RIS findet man z.B. die Tagesordnung der Sitzung des Bau- und Vergabeausschuss vom 22.06.2017. In dieser PDF-Datei findet man

1.10.2 Drucksachen-Nr.: 1711806
Tagesordnungspunkte der nichtöffentlichen Sitzung

Klickt man den Link an, kann man sich die Tagesordnungspunkte, die nicht-öffentlich behandelt werden sollen, ansehen. Die Formulierungen dort entsprechen m.M.n. dem, was in Absatz 3 geschrieben steht. Im Sitzungsprotokoll wird bei den nicht-öffentlichen TOPs auch auf diese Informationen verwiesen. Man kann als interessierter Bürger also erfahren, um was es geht/ging, auch wenn die genauen Informationen (wie z.B. welche Firma hat welches Angebot gemacht) sinnvollerweise nicht preisgegeben werden.

Warum geht das bei uns nicht? Ich verstehe es nicht…

 


Nichts klappt

…jedenfalls nicht die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ausschuß-Vorsitzenden und dem BVV-Büro.

 

Aber der Reihe nach…

Am 13.06. tagte der „Ausschuss für Haushalt, Personal, Wirtschaftsförderung, Informationstechnologie und Gender Mainstreaming“, allgemein nur Haushalts-Ausschuß genannt. Die Tagesordnung war mit 15 Punkten recht übersichtlich für diesen Ausschuß.

 

Beim Punkt 1 ging es dann schon los: Die Grünen vertagten den TOP 7 „Geschlechtergerechte Sprache in Anträgen und Anfragen„, die Linken den TOP 11 „Patenschaft für eine*n in der Türkei inhaftierte*n Bürgermeister*in der HDP/DBP„, und die SPD zog den TOP 13 „Umgang mit Bürgerinitiativen“ zurück. Das fand ich schade, weil ich genau wegen diesem TOP in diesen Ausschuß gegangen bin, und weil die Piraten diesem Antrag beigetreten waren.

 

Beim Bericht des Bezirksamtes führte BezBM Reinhard Naumann aus, daß der Eckwertebeschluß für den Doppelhaushalt 2018/19 am 16. Mai gefallen ist. Zum Haushalt wird es am 04.09.2017 eine Sonder-BVV geben.

Aus den Sonder-Mitteln bekommt der Bezirk in diesem Jahr 50, im nächsten 60 Millionen Euro, mit denen zusätzliche Stellen („VZÄ“ – Vollzeit-Äquivalente) finanziert werden, die dann u.A. im Bereich Stadt eingesetzt werden sollen. Dem Bezrik wurde zugestanden, bis zu 75 Stellen besetzen zu können, wobei wohl das Problem besteht, daß Senatens für eine Stelle/VZÄ maximal 45.000 € im Jahr zugesteht. Ob man für dieses vergleichsweise niedrige Jahresgehalt die notwendigen Fachkräfte finden kann, steht in den Sternen – ganz abgesehen davon, daß die entsprechenden Fachkräfte ja auch nicht auf Bäumen wachsen…

 

TOP 4 – die FEIN-Mittel. Dabei handelt es sich um Gelder, die von ehrenamtlich tätigen Menschen oder Gruppen projektbezogen beantragt werden können. Das BA reichte eine Liste mit den beantragten Beträgen herum. Vielfach geht es da um Grün-Pflege, Park-Pflege, aber auch um Renovierungen von Gebäuden, Anlagen, Sportplätzen etc. Das Bezirksamt hat für dieses Jahr 75,5 Millionen € dafür eingeplant, die auf 54 beantragte Projekte verteilt werden sollen. Die beantragten Zuschüsse gehen von 100 € für Farben, Papier und Malmittel für eine Mal- und Bastelgruppe bis zu 7.500 € für die Renovierung und Instandhaltung einer Kinder- und Jugendsportanlage.

Nicht jeder Antrag konnte berücksichtigt werden, weil die FEIN-Mittel nicht für alles eingesetzt werden sollen. So wurde eine Summe von 3.500 € für „Plyer, Plakate, Internetauftritte“ komplett nicht berücksichtigt, weil die beantragte Maßnahme nicht den Voraussetzungen entspricht, „da sie z.B. keine Aufwertung oder Verbesserung der Infrastruktur darstellt“.

Die Fraktionen werden die vorgelegte Vorschlagsliste des BA beraten.

 

TOP 5: Ku’damm für alle. Hier geht es um den Business Improvement District (BID) an Kurfürstendamm und Tauentzienstraße. Die antragstellende Fraktion möchte „…ein öffentliches Werkstattgespräch  durchzuführen, um eine gemeinschaftliche zukunftsweisende Lösung zu erreichen.“
Dumm nur, daß der Antrag so lange in den beteiligten Ausschüssen schlummerte, denn der BID ist schon viel weiter… Der Antrag wurde trotzdem einstimmig bei einer Enthaltung angenommen.

 

TOP 6: Feste Feiern wie sie fallen – auch in Charlottenburg-Wilmersdorf. Hier ist der Integrations-Ausschuß beteiligt, der die Drucksache am 15. März auf deer Tagesordnung hatte. Leider ist nicht bekannt, wie dort das Ergebnis war…

 

TOP 7: Geschlechtergerechte Sprache in Anträgen und Anfragen. Auf Wunsch der antragstellenden Fraktion vertagt.

 

TOP 8: Neugestaltung der BVV-Besuchertribüne. Die Besuchertribüne im BVV-Saal im Rathaus Charlottenburg ist wirklich eine Zumutung für die, die dort sitzen (müssen). Leider mußte der Antrag heute vertagt werden, weil der noch im Ausschuss für Umwelt, Natur- und Klimaschutz und Liegenschaften beraten werden muß, was hier nicht bekannt war…

 

TOP 9: Blindenleitsystem in den Gebäuden des Bezirksamtes Charlottenburtg und in bezirklichen Gebäuden. Ein sehr sinnvoller Antrag. Zu dem Thema hatten die Piraten schon einmal was beantragt. Leider sind die Voten aus den beteiligten Ausschüssen nicht bekannt, so daß der Antrag vertagt werden muß…

 

TOP 10: Sporthalle in der Eisenzahnstraße doppelstöckig ausführen. Leider sind die Voten aus den beteiligten Ausschüssen nicht bekannt, so daß der Antrag vertagt werden muß…

 

TOP 11: Patenschaft für eine*n in der Türkei inhaftierte*n Bürgermeister*in der HDP/DBP. Vertagt auf Wunsch der antragstellenden Fraktion.

 

TOP 12: Umschulung von polizeidienstunfähigen Vollzugsbeamten. Hierzu gabs einen (m.M.n. sinnvollen) Änderungsantrag der CDU-Fraktion weshalb der TOP vertagt wurde…

 

TOP 13: Umgang mit Bürgerinitiativen. Dieser recht alte Antrag der SPD (aus dem Jahr 2013), dem die Piratenfraktion beigetreten war, wurde von der SPD zurückgezogen. Schade, denn das, was die SPD in diesem Antrag gefordert hat,war sehr sinnvoll. Ja, es hätte sicher Geld gekostet, all das umzusetzen. Ja, es hätte für die Beschäftigten in den betroffenen Abteilungen (insbesondere Stadt) mehr Arbeit bedeutet. Ja, wir wissen, daß alle Abteilungen überlastet sind. Aber war es nicht die SPD-Fraktion, waren es nicht die SPD-Stadträte, die gerade in der vorigen Wahlperiode (angeregt auch dur die Piraten) immer von mehr Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sprachen? Ich habe den Fraktionsvorsitzenden Holger Wuttig mal per Email gefragt, warum sie den Antrag zurückgezogen haben. Wenn eine Antwort kommt, wird das hier nachgereicht.