Am Dienstag tagte der Ausschuß für Geschäftsordnung. Anlaß waren 2 Anträge der Zählgemeinschaft : Änderungsanträge, welcher aufgrund eines Verfahrensfehlers der ZG zustandekam, und Geheime Abstimmungen, welcher aufgrund einer Idee unsererseits und einem von der CDU in der Januar-BVV eingebrachten Antrages (von uns unterstützt) geschrieben wurde. Außerdem war eine ergebnisoffene Diskussion zum Thema „Gestaltung der Einwohnerfragestunde“ auf der TO.
Die SPD hatte für die Januar-BVV einen Antrag „Kolonie Oeynhausen“ eingebracht, in dem stand:
für die westliche Teilfläche eine Wohnbebauung im Geschosswohnungsbau mit bis zu sechs Vollgeschossen zu ermöglichen, deren Verkehrserschließung von der Forckenbeckstraße her zu sichern ist
Die Grünen haben in dem Versuch, zu retten, was (an Profil) noch zu retten ist, eine Änderung dazu formuliert, in der der Absatz nun so lauten soll:
für die westliche Teilfläche eine Wohnbebauung im Geschosswohnungsbau mit bis zu sechs Geschossen im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes zu ermöglichen, deren Verkehrserschließung von der Forckenbeckstraße her zu sichern ist
Mitgeteilt haben sie ihren Wunsch dem BVV-Büro und diese den BV in Form einer Word-Datei, die den kompletten Text des SPD-Antrages beinhaltet, in dem die gewünschten Änderungen markiert waren.
Der BVV-Vorstand hat nun den Änderungsantrag der Grünen als weitergehenden Antrag zuerst abstimmen lassen. Der Antrag (der uns in Form des Word-Dokuments am Vormittag bekanntgemacht wurde, und der als „Tischvorlage“ ausgedruckt vorlag) wurde angenommen. Nach der Geschäftsordnung war damit eine weitere Abstimmung über den ursprünglichen Antrag der SPD nicht mehr notwendig, was die Grünen einigermaßen erschütterte.
Ottenberg schrieb dazu am nächsten Tag:
Die Voraussetzungen von § 39 GO-BVV lagen bei dem vorliegenden Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Dabei ist zu beachten, dass sich die BVV den Charakter eines Änderungsantrags nicht selbst näher vorschreibt. Insoweit besteht regelmäßig die Alternative für einen Antragsteller, zu einem („Grund“-)Antrag einen („mit dem Gegenstand der Beratung in sachlichem Zusammenhang“ stehenden) vollständigen Antragstext vorzulegen, der Worte, Satzteile, ganze Absätze oder nichts des Ursprungsantrags aufgreift
oder
lediglich durch „Änderungsbefehle“ die zu ändernden Textteile identifiziert. Beispiel:
„2. für die westliche Teilfläche eine Wohnbebauung im Geschosswohnungsbau mit bis zu sechs Vollgeschossen zu ermöglichen, deren Verkehrserschließung von der Forckenbeckstraße her zu sichern ist“ (Ursprungsantrag)
Der Antrag der SPD-Fraktion wird wie folgt geändert:
In 2. wird der Satzteil „mit bis zu sechs Vollgeschossen zu ermöglichen“ ersetzt durch
„mit bis zu sechs Geschossen im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes zu ermöglichen“
Hätten die Grünen ihren (Änderungs-)Antrag so formuliert, dann hätte es 2 Abstimmungen gegeben: einmal, ob die Änderungswünsche der Grünen in den Antrag der SPD einfließen sollen, und einmal über den (dann evtl. geänderten) Antrag der SPD.
Der heute behandelte Antrag der ZG soll nun in solchen Fällen Klarheit schaffen. Der Antrag auf Ergänzung der GO wurde vom GO-A nach wohlmeinender kurzer Diskussion einstimmig angenommen.
Kontrovers diskutiert wurde hingegen der Antrag „Geheime Abstimmungen“. Zum Hintergrund: die Diskussion über den o.g. Oeynhausen-Antrag war im Vorfeld der Januar-BVV sehr ausführlich und – nach meiner Wahrnehmung – in der Grünen-Fraktion recht heftig. Dort war der „Kampf“ um abtrünnige, nicht der Richtung des Stadtrates und der Führung der ZG folgen wollende BV durch zahlreiche, stundenlange Fraktions-Sitzungen geprägt, aus denen von teilweise persönlichen Angriffen berichtet wurde.
Zur Unterstützung der „Abweichler“ bei den Grünen (und evtl. bei der SPD…) hatten die CDU und wir verabredet, daß wir für die DS 0466/4 eine geheime Abstimmung beantragen werden. Unser gemeinsames Ziel war, diesen Abweichlern eine Abstimmung gegen die Politik der ZG in der Sache Oeynhausen zu ermöglichen. Ottenberg signalisierte, daß ein solcher Antrag durchaus möglich sei (und es schien, er habe geradezu auf so etwas gewartet). Die aktuelle GO sieht allerdings vor, daß über einen solchen Antrag offen abgestimmt wird. Die offene Abstimmung darüber, ob geheim abgestimmt werden soll, ging dann erwartungsgemäß aus: die ZG lehnte das mit ihrer Mehrheit ab.
Der heute behandelte Antrag der ZG sieht nun vor, geheime Abstimmungen in Sachfragen grundsätzlich nicht zu erlauben; eine Beantragung (samt offener Abstimmung darüber) im Einzelfall (wie in der Januar-BVV) soll es aber weiterhin geben.
In der Diskussion im GO-A wurde ich zunächst gefragt, wie es denn sein könnte, daß wir, die wir ja so sehr auf Transparenz aus seien, für eine geheime Abstimmung in Sachfragen sein könnten. Ich habe das dann erläutert: die geheime Abstimmung in Sachfragen sei für mich nichts, was gegen den Grundsatz der Transparenz sei, sondern für die Demokratie, so wie wir sie verstehen. Die Abstimmung, ohne daß andere (hier insbesondere die Fraktionsführung) sehen können, wie der einzelne BV abstimmt, stärkt der Gewissensentscheidung den Rücken und erlaubt dem einzelnen BV, ohne „Angst“ vor Repressalien seinem Gewissen zu folgen, auch wenn die Fraktion anderer Meinung ist. Die geheime Abstimmung ist somit ein Mittel gegen den Fraktionszwang.
Na, das Wort „Fraktionszwang“ hätte ich nicht in den Mund nehmen sollen 🙂 Alle anderen Fraktionen beteuerten, daß es diesen ja gar nicht gäbe. Das mehr oder weniger geschlossene Abstimmungsverhalten der jeweiligen Fraktionen sei doch nur Ausdruck der intensiven innerfraktionellen Diskussionen und auch Ausdruck der jeweiligen „Richtung“ der jeweiligen Partei. Und überhaupt: bei uns sei ja gar keine Richtung erkennbar, bei Abstimmungen sei es immer so, daß bei uns jeder anders abstimme… Ja, so ist das – bei uns darf jeder abstimmen, wie er es mit seinem Gewissen abmachen kann. Ein kleiner, aber feiner Unterschied, finde ich, zu den anderen Fraktionen.
Dazu fällt mir das Bild ein, daß ich mal bei einem meiner Besuche in der BVV im Frühjahr 2011 gesehen habe: Abstimmung zu einem Antrag der CDU. Der damalige Fraktionsvorsitzende Bodo Schmitt reckt seinen Arm in die Höhe und dreht sich dann – den Arm immer noch oben – um, seine Schäfchen beobachtend, wohl ob auch jeder seinen Arm ebenfalls oben hat. Das tat er jedesmal…
Als Gegenargument wurde von den Grünen auch angeführt, daß ein BV ein abweichendes Votum ja auch im Wege einer persönlichen Erklärung abgeben könne. Ja gut, kann man machen, aber dann trotzdem so abstimmen, wie die Fraktion es „wünscht“, sonst ist am Ende die gewünschte Mehrheit futsch.
Es werde ja auch von den Wählern erwartet, daß die Fraktionen einstimmig abstimmen (der als Besucher anwesende Joachim Neu schüttelte darob heftig den Kopf), und was wäre denn das für ein Bild in der Öffentlichkeit…
Der Antrag der ZG wurde mit einer Gegenstimme (meiner natürlich) angenommen. Da die Beantragung einer geheimen Abstimmung weiterhin gegeben ist, sollten wir uns überlegen, wann wir das wieder machen.
Zum Thema „Gestaltung der Einwohnerfragestunde“ kam es, weil in letzter Zeit immer öfter die Fragesteller nicht anwesend waren (oder sich nicht gemeldet haben; die Vorsteherin berichtete, daß sie mehrmals beobachtet hat, wie ihr bekannte Personen aurf der Zuschauertribüne im jetzt alten BVV-Saal in Wilmersdorf sich hinter den Säulen versteckten, bis sie sicher waren, daß ihre Frage nicht mehr dran ist). Dies wohl, um eine schriftliche Beantwortung der Frage zu provozieren.
Nun ist in der GO in § 47 geregelt, daß ein „Anspruch auf eine zusätzliche schriftliche Stellungnahme“ besteht, der auch „durch die abschriftliche Überlassung des Wortlauts der Beantwortung oder die Überlassung des Manuskripts der Beantwortung erfüllt“ ist.
Leider funktioniert das mit der schriftlichen Beantwortung offensichtlich nicht immer. Die erste Einwohnerfrage der Februar-BVV ist ausweislich der Niederschrift noch nicht beantwortet (zumindest hat es eine Antwort bis zum 17. April 2013 nicht in die Niederschrift geschafft…). Viele Fragesteller beschweren sich auch bei uns, daß die (schriftlichen) Antworten sehr lange auf sich warten lassen.
Joachim Neu bemerkte dazu auch, daß es dem Publikum bei der derzeitigen Abarbeitung der Einwohnerfragen gar nicht möglich sei zu verstehen, um was es denn dabei geht, da – entgegen der GO – die Vorsteherin nur die Einwohnerfrage nach der Nummer in der Drucksache aufruft, die Fragen aber nicht verliest bzw. wenigstens sinngemäß zusammenfasst. Hier wäre es hilfreich, wenn den Besuchern über die aushängende Tagesordnung hinaus die Fragen schriftlich zur Verfügung gestellt würden.
Die „Einwohnerfragestunde“ am Anfang einer BVV ist 30 Minuten lang. Je nach Umfang der einzelnen Fragen kann die mündliche Beantwortung schon etwas länger dauern, so daß die Abarbeitung aller Fragen in der gegebenen Zeit oft nicht möglich ist, insbesondere da die Anzahl der Fragen in dieser Wahlperiode stark zugenommen hat. In diesem Fall sieht die GO grundsätzlich die schriftliche Beantwortung vor.
Die CDU brachte in die Diskussion ein, daß ja ein Einwohner jederzeit das Bezirksamt direkt fragen kann und dann ja auch eine Antwort erhalte. Ich entgegnete, daß das natürlich so sei, daß die Nutzung der Einwohnerfragestunde aber dazu diene (und Joachim Neu bekräftigte dieses), eine Öffentlichkeit über die Frage und die Antwort herzustellen.
Die Fraktionen (wieso wird Marlene Cieschinger eigentlich immer vergessen???) sind nun aufgefordert, sich zur Verbesserung der Einwohnerfragestunde Gedanken zu machen.