Auf der Tagesordnung des gestrigen Stadtentwicklungs-Ausschusses stand auf ausdrücklichen Wunsch der SPD-Fraktion das Thema „Verfahrensstand Oeynhausen – Unterschiede zwischen einem Verfahren nach § 12 und nach § 13a BauGB“.
Das Stichwort „Oeynhausen“ sorgt derzeit für erhöhte Aufmerksamkeit, weil der Bezirk da in einer eher unglücklichen Situation steckt: die Kleingärtner im Bezirk, bislang eher eine Bank als Wähler der SPD, sind zu Recht sehr aufgebracht darüber, daß die Kolonie Oeynhausen jetzt plattgemacht werden soll. Die BVV hat im Januar beschlossen, für das Gelände den der Kolonie den unterschriftsreifen, aber nicht festgesetzten Bebauungsplan IX-205-a auf die östliche Hälfte des Grundstückes zu begrenzen und auf der anderen Hälfte eine 6-geschossige Bebaung zu ermöglichen. Diese Idee hatte der Baustadtrat Marc Schulte gemeinsam mit der Lorac, dem damaligen Eigentümer, ausgebrütet. Schulte wollte damit verhindern, daß Lorac aufgrund des geltenden Baurechts von 1960(!) auf der gesamten Fläche baut.
Die Formulierung im Antrag der SPD erschien mir etwas schwammig, weil im BauGB ein vorhabenbezogener Bebauungsplan auf verschiedene Arten zustandekommen kann. Ich habe daher in der Februar-BVV einen Antrag eingebracht, der das BA auffordern soll, den B-Plan nach § 12 BauGB aufzustellen, nachdem der Baustadtrat mehrmals dargestellt hatte, er werde das Verfahren nach § 13a BauGB durchführen. Der Unterschied: im § 13a BauGB wird ein „beschleunigtes Verfahren“ eingeführt. Die Beschleunigung besteht hauptsächlich darin, daß auf Bürgerbeteiligung und Umwelt- und Umweltverträglichkeitsprüfungen verzichtet werden kann.
Baustadtrat Schulte eröffnete also die Erklärung der Unterschiede mit der Bemerkung, er werde auf jeden Fall § 13a anwenden, und begründete dies damit, daß der Investor (inzwischen die Groth-Gruppe) ansonsten den ausgehandelten Kompromiß aufkündigen werde und dann die ganze Kolonie gefährdet sei. Groth hat das Gelände von der Lorac gekauft, sich aber eine Rückabwicklung vorbehalten, falls nicht bis 30.06.2013 Baurecht erteilt sei.
Die CDU bemerkte dann, daß sie die Festsetzung de B-Planes IX-205-a bevorzugen würde. Sollte das nicht möglich sein, wäre dann allerdings ein Verfahren nach § 12 BauGB vorzuziehen.
Die SPD sprach sich erst für § 13a BauGB aus, weil ansonsten – siehe oben. Dann sprach man doch von § 12, um dann wieder auf den 13a zu kommen. Hier erschien mir ein wenig Verwirrung vorzuherrschen, man hat wohl wirklich das BauGB nicht gelesen (und erst recht nicht verstanden…).
Die Grüne Fraktion hat sich zähneknirschend damit abgefunden, daß der Kompromiß erhalten bleiben muß, und sprach sich für § 12 aus.
Ich selbst habe dann noch auf § 214 Abs. 2a BauGB hingewiesen (Dank an Michael Schneidewind vom B.U.N.D., der mich dahingehend gebrieft hat 🙂 ). Diese Vorschrift sagt vereinfacht: Baustadtrat, wenn Du nach § 13a vorgehst, ist es egal, wenn Du da irgendwelche Fehler machst – der B-Plan ist auf jeden Fall gültig. Man könnte auch sagen: § 214 Abs. 2a BauGB ändert § 13a dahingehend, daß dort eigentlich nur noch stehen müsste: Das Bauvorhaben wird genehmigt. Der Stadtrat könne uns also ohne Risiko versprechen, das (verkürzte) Verfahren ordentlich durchzuführen – wir haben keine Handhabe, Fehler oder absichtliche Auslassungen zu sanktionieren. Hier haben mich der Baustadtrat und der Amtsleiter leicht erschrocken angeschaut…
Diese Auffassung vertritt auch die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen, die solches in einem soeben beschlossenen Positionspapier ausführt:
Für Verfahren nach § 13a BauGB wurde die Möglichkeit geschaffen, eine vorzeitige
Baugenehmigung schon vor der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung, zu
erteilen, § 33 Abs. 3 BauGB. Damit sind faktisch im Innenbereich Vorhaben ohne
festgesetzten Bebauungsplan zulässig, auch wenn diese sich nicht, wie von § 34
BauGB gefordert, in die nähere Umgebung einfügen. Der Öffentlichkeitsbeteiligung
im Planungsverfahren wird keine Bedeutung mehr beigemessen.
Zudem erlaubt § 13a Abs. 2 BauGB, im Bebauungsplan vom Flächennutzungsplan
ohne dessen vorherige Änderung abzuweichen. Damit wird das Gebot der
Entwicklung des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan in § 8 Abs. 3
BauGB konterkariert. Auch angesichts der Zuständigkeit des Abgeordnetenhauses,
nicht der Bezirksämter, für den Erlass des Flächennutzungsplanes erscheint dies in
Berlin bedenklich (Gewaltenteilung).
Der Baustadtrat wies in seinem Schlußwort dann darauf hin, daß die in § 13a in Zusammenhang mit § 214 Abs. 2a aufgeführten Bestimmungen ja nur „Kann“-Bestimmungen seien, und er auf jeden Fall alle vorgesehenen Beteiligungen und Untersuchungen durchführen werde. Den zeitlichen Vorteil, den § 13a dem Bauherren bietet, wolle er aber ausnutzen, um den Kompromiß nicht zu gefährden.
Ich hatte unsere Anträge aus der Februar-BVV noch nachträglich auf die Tagesordnung setzen lassen. Weil der Architekt Jan Kleihues die Vorstellung seiner Pläne für das sogenannte Zoo-Dreieck aber überzog, wurden sie dann vertagt.
Aufgrund des absehbar großen Interesses am Thema Oeynhausen wurde die Sitzung übrigens aus dem eher kuscheligen Sitzungsraum 1138 im Rathaus Wilmersdorf in den Festsaal im Rathaus Charlottenburg verlegt. Etwa 50 Besucher zeigten, daß zumindest diese Entscheidung richtig war. Vor und nach der Sitzung hatte ich viele Gespräche mit den Kleingärtnern, die unser konsequentes Auftreten in der Sache sehr begrüßen und uns dankenswerterweise mit guten Wünschen und machen Informationen unterstützen.