Bürgerbeteiligung? – Nur wenn es uns in den Kram passt, Teil 2

Über unser Portal openantrag.de kam der Vorschlag für einen Antrag zur Erweiterung der Bürgerbeteiligung in der BVV. Im Kern geht es darum, interessierten Bürger_innen auch in der Sitzung der BVV, ähnlich wie in Ausschüssen, ein Rederecht einzuräumen. Unser Antrag, Drucksache 0775/4, wurde in der November-BVV in den zuständigen Ausschuß für Geschäftsordnung überwiesen, dort im Dezember vertagt und gestern behandelt.

Ich hatte ja nicht erwartet, diesen Antrag ohne Probleme durchzubringen – dafür ist das, was wir da fordern, einfach zu radikal für diese Bezirksverordneten. Aber wenigstens einen kleinen Schritt in die Richtung, das hätte was gehabt. Statt dessen…

Die Vertreterin der Grünen jammerte gleich darüber, daß das ja zu einer immensen Verlängerung der Sitzungen der BVV führen würde, wenn zu jedem Tagesordnungspunkt auch noch 3 Bürger was sagen würden. Auch konnte sie sich nicht vorstellen, wie das denn gehen sollte, wenn ein Bürger während der Sitzung den Antrag stellen würde – der müsste ja irgendwie von den Mitarbeiterinnen des BVV-Büros, die nahe dem Eingang zum BVV-Saal ihrer Arbeit nachgehen und die Anträge entgegennehmen sollen, zum BVV-Vorstand am anderen Ende des Saales gelangen. Es kam Heiterkeit auf, als der Vertreter der SPD den Vorschlag „Papierflieger“ dazwischenrief.

Der Vertreter der CDU bemerkte, daß ja, wenn eine Drucksache in der BVV „endbesprochen“ wird, die eigentliche Diskussion schon in den Ausschüssen passiert sei, und da hätte ja jeder interessierte Bürger die Möglichkeit zur Mit-Diskussion. Insofern sei eine zusätzliche Redemöglichkeit in der BVV-Sitzung nicht mehr nötig. Das versuchte ich zu kontern mit dem Hinweis, daß es ja durchaus Drucksachen gibt, die in die BVV eingebracht, dort diskutiert werden (oder auch nicht…) und in der selben Sitzung der BVV beschlossen werden. Bei solchen Drucksachen hätte dann kein Bürger die Möglichkeit der Mitsprache.

Auch die Vorsteherin brachte zum Ausdruck, daß ein solches Verfahren die Sitzungen erheblich in die Länge ziehen könnte, was unserer Arbeit nicht gut tun würde. Mein Einwand, in der BVV Lichtenberg seien seit Inkrafttreten einer ähnlichen Regelung nur 2 Anträge gestellt worden, wurde weitgehend ignoriert.

Ich brachte dann auf Anregung von Marlene Cieschinger den Zusatz ein, daß die Möglichkeit auf direkt eingebrachte Drucksachen beschränkt wird, und eine Evaluierung nach 6 Monaten vorgenommen werden soll.

Abstimmungsergebnis: 1 dafür, 8 dagegen.

Es zeigt sich wieder einmal, daß von den 3 großen Fraktionen zwar viel von Bürgerbeteiligung gesprochen wird, wenn aber ein entsprechender Antrag eingebracht wird, wird mit vielen, auch fadenscheinigen Argumenten dagegen gesprochen und abgelehnt. Unsere BVV scheint noch nicht wirklich reif für eine offene, bürgernahe Kultur der Politik.

 

 


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7 comments

  1. BVV April 2014

    . Einwohnerfrage Martina Kelz
    Fragen an die Fraktion Bündnis90/Die Grünen zum
    Thema Bürgerbeteiligung

    1) Im Thema des Monats Oktober 2013 (GAZETTE) hat sich Bündnis 90/Die Grünen dafür ausgesprochen, dass die Einwohnerschaft als Souverän „ein erweitertes Rederecht in der BVV und Ihren Ausschüssen“ erhält. Vier Monate später liegt mit Drucksache 0775/4 ein Antrag vor, der ein solches Rederecht einführen wollte. Hat Bündnis 90/Die Grünen nun eine andere Position zum Rederecht oder warum haben Sie gegen diesen Antrag gestimmt?

    2) Falls der Antrag aus Drucksache 0775/4 nicht Ihren Vorstellungen der Einführung eines Rederechts entsprach oder Ihnen aus anderen Gründen nicht praktikabel erschien, warum haben Sie Ihre im Oktober 2013 geäußerten Vorstellungen bzgl. des Rederechts nicht in einem Änderungsantrag eingebracht?

    3) In Lichtenberg gibt es in Ausschüssen eine aktuelle Viertelstunde/Bürger-/Innenanliegen. Kann sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorstellen, anstatt des Rederechts in der BVV eine solche Einrichtung in den Ausschüssen verbindlich zu beantragen/beschließen?

    4) „Um neue Beteiligungsformen zu erproben und die Bürger/-innen mit ihren Anregungen und Wünschen in den politischen Entscheidungsprozess einzubinden“ wollen Sie „das Angebot von eOpinio zur Einrichtung einer Beteiligungsplattform für alle Charlottenburg-Wilmersdorfer/-innen nutzen, um ein niedrigschwelliges und für eine hohe Interessent/-innenzahl attraktives Beteiligungsangebot zu etablieren“. Was ist aus diesem in der Zählgemeinschaftsvereinbarung gesetzten Ziel geworden?

    • Hier „´trieft“ nur so das schlechte gewissen der Vorsteherin:

      Beteiligung der Einwohnerschaft in der Bezirksverordnetenversammlung
      Pressemitteilung
      Berlin, den 21.02.2014

      Die Piratenfraktion und die fraktionslose Bezirksverordnete der Linken haben unter der Überschrift „Erweiterung der Bürgerbeteiligung in der BVV“ eine Änderung der Geschäftsordnung der BVV (775/4) beantragt. Danach sollte in öffentlichen Sitzungen zu jedem Punkt der Tagesordnung die Worterteilung an Nichtmitglieder der BVV eröffnet werden, wenn Anträge der politischen Kräfte bzw. Vorlagen des Bezirksamts voraussichtlich nicht in einen Ausschuss überwiesen, sondern direkt im Plenum befasst werden sollen. Die große Mehrheit in der BVV hat diese Initiative jedoch in der gestrigen BVV-Sitzung verworfen.

      Dazu erklärt die Vorsteherin Judith Stückler:
      „Die Abstimmung darf nicht den Eindruck erwecken, dass die überwiegende Mehrheit der BVV etwa keine Beteiligung der Einwohnerschaft in der BVV wolle – im Gegenteil! Die vorgeschlagenen Änderungen waren zwar an Regelungen in einem anderen Bezirk angelehnt, hier in technischer Hinsicht allerdings schwer durchführbar. Wortmeldungen von der Tribüne sind im Laufe einer Sitzung unzweckmäßig und letztlich nicht zumutbar. Außerdem musste der Antrag auch deshalb scheitern, weil die vorgeschlagene Regelung enorm kompliziert war.
      Darüber hinaus steht in unserem Bezirk die sachliche Debatte über den kommunalpolitisch besten Weg im Vordergrund. Diese wird ganz überwiegend in den Ausschüssen geführt. Und hier ist es ständige Praxis, dass die Beteiligung interessierter Bürgerinnen und Bürger besonders erwünscht und begrüßt wird. Ihnen wird regelmäßig umfangreich das Wort eingeräumt. Entsprechende Anregungen aus der Einwohnerschaft fließen in die Meinungsbildung der Bezirksverordneten ein. Die Fraktionen der CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen legen besonderen Wert auf den Hinweis, dass sich Interessierte auch zukünftig aktive einbringen.“

  2. Unter den Anträgen auch die Drucksache 775/4 “Erweiterung der Bürgerbeteiligung”, die ich gestern im Ältestenrat doch von der Konsensliste nehmen ließ und die in ihrer ergänzten Fassung auch auf den Seiten des Bezirksamts stand. Es ging also eindeutig nur um Mitspracherecht bei Anträgen, die direkt in der BVV verhandelt werden (und NICHT in Ausschüssen besprochen werden!). Dennoch wurde wieder mit der Beteiligungsmölichkeit in Ausschüssen dagegen argumentiert, was absolut unrichtig war. Ein Königreich für einen Beamer, um den Antragstext nochmal an die Wand des BVV-Saals für alle gut sichtbar zu werfen! Den gab es aber nicht und in der Folge wurde der Antrag abgelehnt, wobei wenigstens ein Mitglied der Grünen mitgedacht und sich immerhin enthalten hat. Wie hieß es im GO-Ausschuss (sinngemäß) so unschön: die BVV wäre nur das Schaulaufen und alle Entscheidungen bereits gefallen.
    Marlene cieschinger(linke) auf ihrem blog

  3. Grüße von dem „Nachbar-Blog“:

    Neuer Beitrag auf linkeinderbvvchawi.wordpress.com

    Wieder keine Sternstunde für die Demokratie
    by Marlene

    Zweiteilen wäre manchmal angesagt, so auch heute, wenn der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden zeitgleich mit dem Geschäftsordnungsausschuss angesetzt ist und in letzterem ein gemeinsamer Antrag von mir und den Piraten besprochen wird. Immerhin finden beide im selben Rathaus statt.

    Dass der Antrag 0775/4 „Erweiterung der Bürgerbeteiligung in der BVV“ keine einstimmige Zustimmung bekommen würde, war anzunehmen und eigentlich bestand eine gewisse wahrscheinlichkeit, dass er bei den großen Fraktionen überhaupt keine Sympathie hervorrufen würde. Der Zweck von Anträgen besteht allerdings auch nicht darin, anderen Parteien in der BVV eine Freude zu bereiten.

    Gleich von Anfang an waren sich SPD, CDU und Grüne einig, dass es wohl zu weit ginge, wenn nun auch noch in der BVV Nicht-Verordnete mitreden dürften und sowieso würde das Ganze den Zeitrahmen in jedem Fall sprengen und in Ausschüssen hätte ohnehin alle Welt Mitsprachemöglichkeit. Und praktisch undurchführbar wäre es außerdem und überhaupt …. Dabei hatten Sigi Schlosser und ich uns das mögliche Verfahren im Detail überlegt.

    Interessanterweise fielen von Mitgliedern der „großen“ Fraktionen Sätze, aus denen hervorging, dass ohnehin schon alle Anträge, die in der BVV zur Sprache kommen, bereits vorher so weit intern diskutiert wären, dass was im BVV-Saal geschieht überhaupt keine Bedeutung mehr für die Abstimmung hätte. Wie gerne hätte ich davon eine Tonaufnahme! Gleichzeitig zeigten sich alle schon letztlich über den Begriff „Demokratiesimulation“ in einem Piratentext ebenso unendlich empört, wie diesmal über meinen Hinweis, dass man sich die vielen Reden dann doch wohl sparen und eine Stunde früher in die Kneipe gehen könne.

    Zur Frage der Beteiligung zu allen Anträgen gab Sigi noch den Richtigen Hinweis, dass es gelegentlich auch Anträge gibt, die nicht in Ausschüssen behandelt werden, sondern direkt in der BVV. Frau Hansen fragte traditionell, ob es denn da überhaupt Fälle gäbe. An den Antrag auf Reduzierung der Wahlplakate aus der Dezembersitzung hätte sie sich doch eigentlich schon noch erinnern sollen. Gerade dieses Thema ist eines, das regelmäßig vor Wahlen von Mitmenschen angesprochen wird und die abfällige Bemerkung, dass Parteien, die es sich leisten können, doch wohl so viele Plakate aufhängen dürften, wie sie wollten, hätte sich die Kollegin diesmal auch sparen können.

    Weil anscheinend kein Durchkommen war, habe ich dann Sigi auf einem Zettel vorgeschlagen, den Antrag auf „bei Anträgen, die direkt in der BVV verhandelt werden“ zu reduzieren, was er auch vortrug. Entweder hatten die übrigen Anwesenden ihre Texte vorher auswendig gelernt oder eine Hörbehinderung, denn die Reaktionen blieben völlig gleich und auch die Argumentation, dass „Bürger sich ja in den Ausschüssen beteiligen könnten“. Und bei Anträgen, die da gar nicht hinkommen? „In den Ausschüssen haben die Bürger ….“

    Am Ende wurde dieser demokratiefördernde Antrag mit einer Gegenstimme – ich darf ja nicht – abgelehnt und die ganze Diskussion hatte so lange gedauert, dass ich im Ausschuss für Eingaben und Beschwerden gerade noch die Verabschiedung mitbekam.
    Marlene | 6. Februar 2014 um 23:37 | Tags: Anträge, Bürger_innenbeteiligung | Kategorien: Ausschüsse | URL: http://wp.me/p1X7VN-af

  4. Bürgerbeteiligung in der Theorie

    „Thema des Monats“

    http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/bvv/1305.html

    http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/bvv/1310.html

    darin: Fraktion Bündnis90/Die Grünen

    „Die Bürgerbeteiligung in der BVV ist nach wie vor ausbaufähig – nicht allein um Sitzungen zu beleben. Ziel muss sein, die Einwohnerschaft zu motivieren, sich als Souverän unmittelbar in kommunalpolitische Entscheidungen einzubringen. Die Möglichkeiten der Bürger/innen, BVV-Sitzungen mitzugestalten, sind fortlaufend zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Das betrifft ein erweitertes Rederecht in der BVV und ihren Ausschüssen ebenso wie die erleichterte Möglichkeit, mit Anliegen direkt in die Versammlung zu gehen und die Bezirksverordneten darüber entscheiden zu lassen. Die Beratungen der BVV gehen alle an; demgegenüber ist das öffentliche Interesse oft noch gering. Mehr Bürgerbeteiligung, das heißt auch, die Bürger/innen zu ermutigen, sich einzumischen und ihre Interessen aktiv zu vertreten.“

  5. Ansgar Gusy, MBA

    Sprecher für Bürgerbeteiligung

    „Den Bürgerhaushalt wollen wir weiter entwickeln. Zum einen wollen wir in den verbliebenen Kiezen die Konferenzen durchführen, zum anderen die gewählten Kiezbeiräte in ihrer Arbeit unterstützen. Mit einer Internetplattform wollen wir Abstimmungen unabhängiger von Zeit und Ort machen, aber auf die persönlichen Treffen nicht verzichten. Mit dem Beteiligungsprogramm werden wir nicht nur den Bürgerhaushalt durchführen, sondern auch im Baubereich und anderen Abteilungen die Mitwirkung der EinwohnerInnen stärken.“

    was ist daraus nach halbzeit der wahlperiode geworden ? nichts !!! – nichts als worte,keine taten

  6. Stimme ich voll zu !!

    Es war eine erneute blamage der sogenannten „repräsentativen demokratievertreter“.- grandios,wie zählgemeinschaft plus groop(nicht groko) nicht einmal bereit waren wenigstens überlegungen in die richtung des piratenantrages einzuleiten-d.h.weitere elemente direkter demokratie auch nur anzudenken.
    Der anwesende bürger merkte sofort, da herrschte fraktionszwang. d.h. es war alles vorher beschlossen – die ablehnung – und die parteienvertreter waren nicht mehr in der lage kompromisse oder auch nur neu zu überlegen.
    Besonders schlimm die grünen.Als Bewegungspartei gesprungen, erst neulicht wieder von höchster ebene die parole von „mehr bürgerbeteiligung“ predigend, als bettvorleger gelandet.Mensch wie alt ist diese partei geworden…
    Nur die PIRATEN arbeiten sich weiter in richtung transparenz des politischen prozesses.

    Mehr Demokratie wagen ! War das nicht einst ein spd slogan (Brandt) und feierten nicht erst vor kurzem die sozen sein andenken) ?