Das Bezirksamt hat ja den Beschluß der BVV beanstandet, für das Gelände der Kolonie Oeynhausen eine Veränderungssperre zu erlassen.
Begründet wird die Beanstandung unter anderem damit, daß eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB nicht erlassen werden könnte, weil
Das Bezirksamt nach dem gegenwärtigen Stand des Planungsverfahrens und dem jahrelangen Vorlauf der Angelegenheit seit dem Jahr
2011 davon ausgehen muss, dass die Planung gemäß des Planentwurfs IX 205a endgültig nicht festsetzbar ist, da dies Entschädigungsforderungen der Grundstückseigentümerin in unbestimmter EuroMillionenhöhe nach sich ziehen würde.
Statt dessen möchte das Bezirksamt den § 15 BauGB nutzen, um die Kolonie zu retten:
Durch Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung vom 19. Juni 2014 und des Bezirksamtes vom 1. Juli 2014 [TOP 7a (Vorlage Nr. 210 z. B)] besteht bereits eine gesicherte Rechtslage zur grundlegenden Interessensicherung, nach der das Bezirksamt dazu verpflichtet ist, dass es, sollten solche Anträge tatsächlich gestellt werden,
hierauf unmittelbar mit einer Zurückstellung nach § 15 BauGB zu reagieren hat.
Diese Argumentation ist m.E.n. entweder dumm oder dreist.
Dumm wäre sie, wenn das BA und die ihm zuarbeitenden Mitarbeiter_innen nicht erkannt hätten, daß § 15 BauGB keine Alternative zu § 14 BauGB ist, sondern eine Ergänzung. Eine Veränderungssperre ist immer als Satzung der Gemeinde zu erlassen. In Berlin bedeutet das, daß das BA und die BVV eine Veränderungssperre beschließen müssen, das BA darüber Einvernehmen bei der zuständigen Senatsverwaltung herstellen und die Veränderungssperre im Gesetzblatt veröffentlicht werden muß. All dies benötigt Zeit, und für den Fall, daß in dieser Zeit ein Baugesuch oder Bauantrag eingereicht wird, der der Planung der Gemeinde widerspricht, kann dem mit einer Zurückstellung begegnet werden.
Daraus folgt, daß für eine Zurückstellung die selben Voraussetzungen gelten wie für eine Veränderungssperre, so Mischung in Battis: Baugesetzbuch, 12. Auflage, Rn 2 zu § 15.
Das BA behauptet nun, daß die Veränderungssperre nicht möglich ist, weil der B-Plan nicht festsetzbar ist. Daß damit aber auch keine Zurückstellung möglich ist, wird übersehen. Das nenne ich dumm.
Dreist wäre die Argumentation des BA, wenn es folgendes Szenario ins Kalkül ziehen würde (was ich ihm durchaus zutraue):
- Lorac schickt einen Bauantrag
- BA antwortet: ist nicht, wir machen Zurückstellung
- Lorac sagt danke und klagt
- Das VG fragt im Verfahren das BA: soso, Zurückstellung, schön, schön. Wie weit ist denn die Veränderungssperre? Ach, ihr macht keine? Warum nicht? ach, der B-Plan ist nicht festsetzbar?
Das Ergebnis eines solchen Vorgehens ist dann klar: dem Bauantrag ist zuzustimmen, die Kolonie ist perdu. Das nenne ich dreist, weil durch die Argumentation des BA den Mitgliedern der BVV, aber auch der Öffentlichkeit suggeriert wird, daß mit dem (untauglichen) Mittel der Zurückstellung die Probleme gelöst werden könnten. Für das BA wäre das natürlich eine elegante Lösung, denn es könnte sagen: wir haben es versucht. Den Zusammenhang zwischen Zurückstellung und Veränderungssperre – sorry, das haben wir übersehen.